Die Verquickung von Staat und Wirtschaft wie bei VW ist FDP-Landeschef Michael Theurer ein Dorn im Auge. Er fordert den Rückzug des Staates aus Beteiligungen an Airbus, Telekom und der Commerzbank.

Stuttgart - Der baden-württembergische Spitzenkandidat der FDP, Michael Theurer, hat sich gegenüber unserer Zeitung für einen Rückzug des Bundes aus seinen Beteiligungen an über 100 Privatunternehmen ausgesprochen. Theurer (50) ist Europaabgeordneter und gilt als Steuer- und Wirtschaftsexperte seiner Partei. Sein Einzug in den Bundestag gilt als sicher, sollte der FDP der Sprung ins Parlament gelingen, was wahrscheinlich ist.

 

Theurer sieht in der Beteiligung des Staates an börsenorientierten Unternehmen eine massive Verzerrung des Marktes. Auch seien Interessenkonflikte programmiert, wie die „skandalösen Vorgänge“ in Niedersachsen zeigten, wo sich der SPD-Ministerpräsident Stephan Weil – der gleichzeitig Aufsichtsratmitglied bei VW ist – vom VW-Konzern eine Regierungserklärung hat prüfen und korrigieren lassen. „In einer sozialen Marktwirtschaft sollte der Staat Schiedsrichter sein, nicht Mitspieler“, sagt Theurer. Große Staatsbeteiligungen seien problematisch in ihrer Struktur: So müsste etwa der Bund als Regulierer der Telekommunikations- und Postmärkte für einen fairen Wettbewerb sorgen, „als Aktionär hat er dagegen ein Interesse an einer hohen Dividende und den Anreiz, diese Unternehmen bei der Regulierung zu begünstigen“.

Ein Privatisierungsbeirat soll gegründet werden

Um Staat und Wirtschaft zu entflechten, wollen die Liberalen einen Privatisierungsbeirat einberufen. Er soll Vorschläge erarbeiten, wie sich der Bund sozialverträglich und kapitalmarktschonend von seinen Beteiligungen trennen könnte. Dem Beirat sollten Wissenschaftler, Kapitalmarktexperten, sowie Vertreter der Arbeitnehmer und der Bundesbank angehören. Konkret nennt der FDP-Landeschef bereits vier Unternehmen, die er für eine Privatisierung ins Visier nehmen würde.

Erstens Telekom und Post: Seine Aktienbeteiligungen an diesen Aktiengesellschaften sollte der Bund vollständig verkaufen, meint Theurer. Diese ehemaligen Staatsbetriebe seien heute Global Player, die sich im internationalen Wettbewerb behaupten und keine staatliche Kontrolle brauchten. Den Erlös des Aktienverkaufs könne man in den Ausbau des Glasfasernetzes investieren. Zweitens die Commerzbank: Die Beteiligung an ihr sei als Stützungsmaßnahme in der Finanzkrise erfolgt, jetzt habe sich das Institut stabilisiert. Die Unternehmensbonität müsse dabei berücksichtigt werden. Staatliche Kreditlenkung sei fatal, meint Theurer, das habe die Finanzkrise gezeigt, in der Landesbanken in die Schieflage geraten seien. Außerdem habe der Bund mit der KfW bereits eine Bank.

Drittens Airbus: Bei dem Flugzeugbauer sei der Staat als Anteilseigner, Auftraggeber sowie Subventionsgeber aktiv, daher gebe es Interessenkonflikte. „Der Staatssekretär, der für die Luftfahrtförderung zuständig ist, ist gleichzeitig für die Beteiligungsaufsicht zuständig.“ Ein Privatisierungsbeirat solle eine „staatsferne Beteiligungsstruktur“ erarbeiten. Viertens, die Bahn und andere nicht börsenorientierte Unternehmen: Auch hier, sagt Theurer, müsste ein Privatiserungsrat „abklopfen“, welche Beteiligungen ein Marktversagen beheben: „Dort, wo der Staat privaten Dritten Konkurrenz macht, ist ein Rückzug des Bundes ordungspolitisch angezeigt.“