Belinda Bencic führt das eidgenössische Team im Fedcup-Erstrundenspiel gegen Deutschland in Leipzig an. Der 18-Jährigen wird die ganz große Karriere vorausgesagt.

Leipzig - Wenn Heinz Günthardt über seine junge Landsfrau Belina Bencic spricht, dann gerät der frühere Coach von Steffi Graf ins Schwärmen. „Sie hat sich wunderbar ins große Tennis reingespielt, sie lernt unheimlich schnell“, sagt der 56-jährige Ex-Profi und Chef der Schweizer Fedcup-Auswahl, „sie hat ein gutes Auge, ein natürliches Gefühl für das Spiel.“ Sein Lob darf man umso ernster nehmen, da Günthardt nicht als Mann der reißerischen Worte gilt. Sondern als jemand, der sich über viele Profi- und Trainerjahre einen Kennerblick erworben hat.

 

Wenn am Wochenende in der Leipziger Messehalle der deutsch-schweizerische Erstrunden-Gipfel im Fedcup über die Bühne geht, dann erwartet die Auswahl von Barbara Rittner mit eben jener Belinda Bencic eine gegnerische Spitzenspielerin, die als kommende Nummer eins der Szene gehandelt wird. Als Spielerin, die einmal in die großen Fußstapfen ihres Idols Martina Hingis treten könnte, als neuester strahlender Exportschlager der Eidgenossenschaft in der Ära nach Roger Federer.

„Bencic hat das Champions-Gen“, sagt Star-Coach Nick Bollettieri, in dessen Akademie in Florida sie früher immer mal wieder trainiert hat. , „Sie kann eine eigene Ära im Frauentennistennis begründen.“ Schon Platz 11 in der WTA-Rangliste hat Bencic erklommen, die jüngst bei den Australian Open im Achtelfinale von Maria Scharapowa gestoppt werden konnte.

Versagensängste kennt sie offenbar nicht

Wer Bencic in den letzten Monaten und Jahren auf der Tour beobachtete, konnte nur staunen, mit welcher Selbstverständlichkeit sich die jüngste Topspielerin in ihrer Berufswelt bewegte – auf und neben dem Platz.

Versagensängste kennt die 18-Jährige offenbar nicht, die 2013 als weltbeste Juniorin den frühen Sprung auf die große Tennisbühne wagte.„Ich hatte so viel Selbstbewusstsein aufgebaut in der Jugend, dass ich nie gezweifelt habe, mich auch bei den Erwachsenen durchsetzen zu können“, sagt Bencic.

Stark ist ihr Wille, groß die Ambition auf eine außergewöhnliche Karriere. „Belinda macht alles mit 100 Prozent. Keine Kompromisse, keine halben Sachen. Das war schon immer so“, sagt ihr Vater und Trainer Ivan Bencic. Ihre Juniorinnenkarriere hatte „Pretty Belinda“ („Blick“) 2013 gekrönt, als sie die ersten 38 Spiele der Saison ausnahmslos gewann und dann auch die Grand-Slam-Nachwuchswettbewerbe in Paris und Wimbledon als Pokalsiegerin beendete. Auf den Courts wirkt Bencic schon sehr reif. Sie spielt nicht das harte Bum-Bum-Tennis, das viele Altersgenossinnen aus den Talentschmieden in Osteuropa oder auch in Nordamerika mitbringen.

Unterstützung von Martina Hingis

Bencic spielt mit feinem Händchen und gutem Auge, mit Witz und Raffinesse, mit Weitsicht und Umsicht, mit strategischer Klasse und einer routinierten Eleganz - ganz so, als wäre sie schon eine Ewigkeit auf der Tennistour dabei. „Sie hat das Potenzial für den ganz großen Sprung nach oben“, sagt Amerikas Tennislegende Billie Jean King, „ich sehe sie als künftige Nummer 1.“

Das richtige Team dafür hat Bencic allemal beisammen. Denn sowohl Martina Hingis wie Hingis-Mutter Melanie Molitor unterstützen die Karriere der aufstrebenden Youngsterin. Bei Molitor geht die 18-jährige während ihrer Aufenthalte in der Heimat ständig ins Training, mit Hingis spricht und diskutiert sie bei gemeinsamen Turnier-Gastspielen über Matches, Taktik und Gegnerinnen. Das frühere Erfolgsduo assistiert so höchst effektiv Vater Bencic, dem dauernden Wegbegleiter.

Eine Hingis-Kopie will Belinda Bencic aber keineswegs sein, sondern sich mit eigener Stilsicherheit und eigenem Spielcharakter einen Namen machen. Seit sie ins Erwachsenen-Tennis einstieg, ging es nur bergauf für sie – von Platz 331 im Jahr Jahr 2013 bis an die Top Ten Anfang 2016. Angelique Kerber, die Australian Open-Siegerin, hat allen Grund, der tüchtigen Nachwuchskraft Respekt zu zollen. Zwei Spiele gab es bisher zwischen den Spitzenfrauen, beide verlor die Deutsche. Auch 2014, bei den US Open, auf ganz großer Bühne.