Frisch möbliert öffnete das Federseemuseum in Bad Buchau wieder und zeigt: Der frühe Mensch ist noch längst nicht entschlüsselt. Exponate der Großen Landesausstellung über die Pfahlbauten von 2016 werten die neue Dauerausstellung deutlich auf.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Bad Buchau - Einfache Menschen gleich einfaches Leben – diese Formel ist gestern wie heute großer Quatsch. Das Federseemuseum in Bad Buchau (Kreis Biberach) gehörte schon immer zu den Häusern im Land, die eindrucksvoll das Gegenteil bewiesen. Schon die frühesten Siedler im Südwesten mussten ihr Dasein als Überlebenskampf begreifen, und wenn sie ihre landwirtschaftlichen Geräte, Werkzeuge und Waffen über die Jahrtausende verbesserten, die Tierhaltung und den Fischfang weiter perfektionierten, dann nicht um irgendeines Ruhmes oder eines Designpreises willen, sondern um die Chance zu erhöhen, sich und ihren Nachkommen eine Ernährung zu sichern, die über den nächsten Tag hinausging.

 

Solches Leben, das Schläue, Erfahrung und Brutalität prägen, anhand von bis zu 15 000 Jahre alten Artefakten am authentischen Ort vor Augen geführt zu bekommen, das wird nie langweilig. Andererseits kriecht Staub auch in feinste Ritzen; die Konzeption der bisherigen Dauerausstellung im Federseemuseum datierte aus dem Jahr 1995. Die Farben und Texte in den Vitrinen waren blass geworden, vor allem aber, erzählt Ralf Baumeister, Leiter des Federseemuseums, waren diverse spektakuläre Grabungserfolge der vergangenen 20 Jahre überhaupt nicht abgebildet. Das wurde jetzt entschieden nachgeholt.

Die Reicheren lebten damals schon komfortabler

So ist beispielsweise im Modell endlich die Siedlung „Torwiesen II“ zu sehen, deren Spuren seit 1997 in sechs Sommer-Grabungskampagnen am Rand des Federsees freigelegt wurden. Die Holzstümpfe unter der Erde sind 3283 Jahre alt, sie gehörten zu elf Großhäusern und drei kleineren, Schuppen ähnelnden Gebäuden. Die Gebäude unterscheiden sich nicht nur in der Größe, sondern auch der Güte des verwendeten Holzes, die Vergabe von Bauplätzen folgte offenbar einer Rangordnung. „Es gab schon damals Reiche und weniger Reiche“, schlussfolgert Museumschef Baumeister.

In den Häusern selber herrschte wohl chaotische Enge, in der wiederum System steckte. Weil Scheunen, Speicher oder Erdsilos vor rund 4000 Jahren hier im Oberschwäbischen noch unbekannt waren, wurde alles unter die Dächer geschoben: die steinerne Feuerstelle und die Nachtschlafplätze, die Vorräte und die Werkzeuge, das Geschirr und die Kleidung, die anfänglich aus Bast und Leder bestand, später aus Leinen, noch später aus Wolle. Die Evolution schritt überall voran. Irgendwann in der zweiten Hälfte dies vierten Jahrtausends entwickelten die Menschen der Jungsteinzeit das Rad, was der Arbeit auf dem Feld eine völlig neue Effizienz gab.

Die spektakulärsten Exponate sind aus Holz

Holzräder aus dem Olzreuter Ried bei Bad Schussenried gehören zu den Zierden der neuen Ausstellung, die knapp 1000 Exponate vereinigt. Es sind Stücke, die bei der Großen Landesausstellung „4000 Jahre Pfahlbauten“ noch im Kloster Bad Schussenried zu sehen waren. Ohne die Landesausstellung, deren Exponate und Vitrinen, die vielfach übernommen wurden, hätte es jetzt kein erneuertes Federseemuseum gegeben. Schade, dass am Ende das Geld nicht noch für ein Audioguide-System oder multimediale Präsentationen gereicht hat.

Die Stars der Steinzeitschau bleiben damit aus Holz. Das Moor des über die Jahrtausende geschrumpften Federsees hat nicht nur Räder konserviert, sondern auch Äxte, Sensen, Knochenwerkzeuge aller Art. Nebenbei auch Kinderschädel, die Schlagspuren zeigen. Fünf wurden rund um den einstigen Holzwall der Wasserburg Buchau gefunden. Es waren vermutlich geopferte Menschen im Alter zwischen drei und 16 Jahren. Die rund 3000 Jahre alten Schädel zweier Kinder im Alter von acht Jahren haben die Archäologen zur Grundlage von Gesichtsrekonstruktionen genommen. Die Ausstellung zeigt zu ihrem Ende hin die Gesichter eines Jungen und eines Mädchens, hübsch, aber krank zu Lebzeiten. Welche Götter oder Dämonen die vom eigenen Dorf Erschlagenen besänftigen sollten, gehört zu den Rätseln des Federsees, die noch längst nicht ergründet sind.

Die frühen Menschen des Federsees sind schon vor Jahrtausenden verführbar gewesen und ängstlich, schlau und innovativ, mutig und standesbewusst. Sie sind uns schaurig-nah.

Öffnungszeiten

Die Dauerausstellung „15 000 Jahre Leben am See“ ist seit Sonntag, 3. September, wieder offen. Der Titel nimmt Bezug darauf, dass sehr früh schon eiszeitliche Jäger an der nahen Schussenquelle lagerten. Die ersten Dörfer am Federsee entstanden um 4000 vor Christus.

Das Federseemuseum (Telefon 0 75 82 / 83 50) ist ein Zweigmuseum des Archäologischen Landesmuseums. Geöffnet ist täglich von 10 bis 18 Uhr. Mehr im Internet unter www.federseemuseum.de