Der Verkehrsminister von Baden-Württemberg gerät unter Zugzwang – durch einen unnötigen Fehler im Gesetz. Juristen wissen: Meist kommt es auf jedes Komma an.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Wie bitte? In einem Gesetzestext, vor allem im wichtigen Paragrafen 1, der das Grundsätzliche festlegt, kann schon mal ein „redaktioneller Fehler“ enthalten sein? Und es kommt auch „nicht allein auf den Wortlaut“ in einem Gesetz an?, argumentieren die Behörden. Wehe dem, der privat so freihändig Verträge und Vereinbarungen unterzeichnet! Juristen wissen: Meist kommt es auf jedes Komma an.

 

Auf den ersten Blick mag es wie Wortklauberei klingen, dass sich das Landesgesetz über die Zuständigkeiten der Straßenverkehrsordnung auf eine veraltete Fassung bezieht. Es habe sich ja nichts geändert, argumentiert das Ministerium. 1970, 2013 – alles gleich. Abgesehen davon, dass dies so nicht stimmt: Es ist juristisch begründbar, dass den „unteren Verwaltungsbehörden“ aufgrund des Fehlers formal die Zuständigkeit als Straßenverkehrsbehörde entzogen worden ist – und damit auch das Recht, Verkehrsregelungen zu schaffen und Verstöße zu sanktionieren.

Ist dieses Versäumnis nun eine Art Freifahrtschein? Es wird sicher Verkehrssünder geben, die die Rechtsfrage bis in die höchste Instanz klären wollen. Da mag das Landesverkehrsministerium noch so sehr auf eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs aus dem Jahr 2014 verweisen – das bei seinem Fall aus dem Jahr 2008 diese Frage so aber gar nicht behandelt hat. Das Ministerium hat recht, wenn es feststellt, dass Verkehrsteilnehmer trotzdem Verkehrszeichen und Regeln beachten müssen. Doch die Ankündigung, man wolle nachbessern, um Rechtssicherheit zu schaffen, ist schon ein halbes Fehler-Eingeständnis.

Zudem hat sich Verkehrsminister Winfried Hermann unnötig in die Bredouille gebracht. Das Problem ist schon seit 2013 bekannt. Da hätte man es längst so machen können wie Bayern oder das Saarland: In deren Gesetzestext taucht überhaupt kein Verfallsdatum auf.