Wenn Volker Schirner könnte, würde er den Wunsch der Menschen in Stuttgart-Birkach wohl erfüllen. Diese fordern seit Jahren eine Feierhalle auf dem Friedhof, in der sie nicht mehr Wind und Wetter ausgesetzt sind. Doch es gibt leider ein Problem. Welches, das erklärt der Leiter des Friedhofsamts hier.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Birkach - Es sei das Topthema in Birkach, sagte Rolf Lehmann vor wenigen Wochen über die zugige Feierhalle auf dem Birkacher Friedhof. Der Alt-Bürgermeister Lehmann will zusammen mit dem Bürgerverein erreichen, dass die Feierhalle möglichst weit nach vorne rutscht im Bürgerhaushalt. Volker Schirner, Leiter des Friedhofsamts, spricht im Interview mit unserer Zeitung über Möglichkeiten und Grenzen der Stadt in dieser Sache.

 
Herr Schirner, die Birkacher wünschen sich seit Jahren eine geschlossene Feierhalle, durch die der Wind nicht mehr pfeift. Können Sie diesen Wunsch verstehen?
Ja klar. Wenn man in einer emotional so besonderen Lage ist und dann auch noch Wind und Wetter ausgesetzt ist, dann ist das nicht schön. Und weil wir dieses Bedürfnis verstehen können, ist die Verwaltung ja 2014 initiativ geworden, um herauszufinden, welche architektonischen Lösungen wir verfolgen könnten. Und eine genehmigungsfähige Lösung wäre halt das Schließen der Seitenwände durch Glas. Das hätte aber eine sehr große Investition zur Folge.
Aus Ihrer Sicht ist der Birkacher Wunsch sicher einer von vielen.
Ja, da haben Sie recht. Wir haben etwa 15 solcher Unterstehhallen in Stuttgart.
Sie haben eben schon die Glaswand-Variante für Birkach angesprochen. Die Feierhalle mit Glaswänden zu versehen, würde die Stadt laut Expertise 50 000 Euro kosten. Wenn man sieht, wofür die Stadt alles Geld ausgibt, klingt das nach einem Schnäppchen.
Wenn Sie diese Investition zum städtischen Haushalt ins Verhältnis stellen, dann haben Sie natürlich recht. Aber wenn wir sie im Verhältnis zu unseren Aufgaben sehen, sind das Ausgaben, die wir aus gebührenfinanzierten Budgets so allein nicht bewerkstelligen können.
Es wurde in der Vergangenheit viel mit Zahlen hantiert. Nämlich, dass es in Birkach zu wenige Bestattungen gibt, sich eine solche Investition ergo nicht lohnen würde. Kann man bei einer Trauerhalle wirklich mit Statistik argumentieren?
Es ist natürlich eine schwierige Aussage, wenn man sagt: Das lohnt sich nicht. Das wäre auch nie meine Ausdrucksweise. Es ist für die Betroffenen, die sich im Trauerfall zusätzlich sehr unwohl und unbehaglich fühlen, eine sehr unangenehme Situation, das kann ich nicht anders sagen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir mit unseren Gebühren hinkommen müssen.
Wie groß ist denn Ihr Budget – allein auf Friedhofsgebäude bezogen – fürs laufende Jahr?
Wir haben für die bauliche Unterhaltung von 130 Friedhofsgebäuden und landschaftsgärtnerische Unterhaltung jährlich 700 000 Euro zur Verfügung. Wir haben zudem Sondermittel bekommen für besonders schwierige Fälle, wo beispielsweise Dächer undicht gewesen sind. Da hat uns der Gemeinderat in den letzten Haushaltsplanberatungen fünfmal eine Tranche von 300 000 Euro jährlich zusätzlich genehmigt, und wir haben Sondermittel für den Pragfriedhof, wo wir auch größte Not hatten bei der Instandsetzung der Gebäude.
Wie hoch müsste Ihr Budget sein, um alle dringenden Maßnahmen zu erledigen?
Gute Frage, und um die zu beantworten, haben wir einen sogenannten Quick-Check für alle 130 Friedhofsgebäude in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse liegen im Laufe des Sommers vor. Klar ist: Der Bedarf ist größer als das, was wir im Moment zur Verfügung haben. Vielleicht zum Hintergrund: Wir haben 42 Friedhöfe in Stuttgart, wovon einer, der Hoppenlaufriedhof, geschlossen ist und nur noch als Denkmal und Gedenkstätte wirkt. Wir haben also 41 sehr, sehr wohnortnahe Friedhöfe in allen Stadtbezirken. Verglichen mit anderen Städten, die Zentralfriedhöfe haben, bringt diese dezentrale Grundstruktur aber entsprechende Investitionen und Aufgaben mit sich.
Welche sind die größten Baustellen auf Stuttgarts Friedhöfen?
Noch vor meiner Zeit hat es eine Untersuchung gegeben, mit der auch ein Stellenabbau verbunden war, und daraus resultierte eine höhere Mechanisierung der Friedhofsarbeit, also der Grabe- und Erdarbeiten. Und um diese so durchführen zu können, brauchten wir neues Gerät, Abstellflächen und so weiter. Das sind die größten Baustellen, aber da sind wir auch in der Abarbeitung. Das hat nur alles eine gewisse Zeit gebraucht.
Wann wurde zuletzt in den Friedhof Birkach investiert?
Tatsächlich ist Ende der 90er Jahre der Anbau an die Leichenhalle erfolgt. Ansonsten sind Wege instandgesetzt worden, es sind Unfallgefahren beseitigt worden, und es sind die üblichen Pflegearbeiten durchgeführt worden. Aber eine Investition in dem Sinne hat es da zuletzt nicht gegeben.
Fällt Ihnen für das Birkacher Problem mit der Feierhalle vielleicht noch eine ganz andere Lösung ein?
Das ist vor drei Jahren sorgfältig mit vier Varianten untersucht worden. Die übrigen drei waren aufgrund von örtlichen Gegebenheiten verworfen worden. Es gibt keine andere genehmigungsfähige Lösung.
Hat die Feierhalle nur eine Chance, wenn sie es im Bürgerhaushalt weit nach vorne schafft?
Das würde sehr hilfreich sein.

Das Gespräch führte Judith A. Sägesser.