Feinstaub-Daten aus der Vesperbox: Hacker aus Stuttgart wollen mehr als 300 Bürger mit kleinen Messboxen ausrüsten. Sie wollen herausfinden, ob nur die Luft am Neckartor so stark verschmutzt ist.

Digital Desk: Jörg Breithut (jbr)

Stuttgart - Die Messstation steckt in einer kleinen Vesperbox aus Plastik. Grüne, gelbe und blaue Kabel verbinden den Sender mit der Leiterplatte, Kabelbinder halten die Bauteile zusammen. Doch auch wenn die Box ein wenig chaotisch aussieht: Für Fiona Krakenbürger ist der Feinstaubmesser aus Stuttgart ein Vorzeigeprojekt. Stolz präsentiert die Projektleiterin der Organisation Code for Germany die Idee am Donnerstagvormittag auf der Internetkonferenz Republica in Berlin und wirft die Bilder der provisorischen Messbox auf die Leinwand hinter ihr. „Ich würde mich sehr freuen, wenn das Projekt in Stuttgart klappt“, sagt sie.

 

So sieht der Prototyp des Feinstaub-Sensors bisher aus. (Foto: OK Lab)

Das Ziel der Hacker des so genannten OK Lab aus dem Südwesten: Sie wollen mehr als 300 selbst gebaute Feinstaub-Messgeräte an die Bürger Stuttgarts verteilen. Die Boxen sollen maximal 50 Euro kosten, auf den Balkon gestellt, an die Hauswand gehängt oder auf den Fenstersims gelegt werden. Finanziert werden sollen die Geräte von Paten, die die Luft vor ihrer Haustüre messen wollen. Denn Geld gibt es nicht von Code for Germany. Die Organisation unterstützt zwar das OK Lab in Stuttgart, aber bisher nur bei der Öffentlichkeitsarbeit, beim Internet-Auftritt und bei der Kommunikation mit anderen Hacker-Gruppen.

Jan Lutz leitet das OK Lab in Stuttgart, das derzeit noch an den Feinstaub-Boxen feilt. Den Designer beschäftigt das Problem mit der schlechten Luft in Stuttgart seit langem. Immer wieder landet die Stadt auf den vorderen Plätzen, wenn es um die Städte mit der schlechtesten Luft geht. An der Messstelle Neckartor werden immer wieder die bundesweit höchsten Werte gemessen – und das wird laut einer Studie auch so bleiben. Die kleinen Partikel können gefährlich für die Gesundheit werden und unter anderem zu Schleimhautreizungen führen.

Website soll Feinstaub-Werte in Echtzeit anzeigen

Doch wie sieht es eigentlich an anderen Plätzen in Stuttgart aus? Jan Lutz genügen die Spitzenwerte an den Schadstoff-Brennpunkten nicht mehr. „Wir wollen mehr Daten haben, weil am Neckartor nur einmal am Tag gemessen wird“, sagt Lutz. Daher sollen die Messboxen überall in der Stadt verteilt werden um Werte über eine größere Fläche zu messen. Die Ergebnisse sollen auf einer Website in Echtzeit visualisiert werden. „Durch unser Projekt wird Feinstaub sichtbar“, sagt der Designer.

Auch wolle man ein paar Fakten für die Feinstaub-Debatte liefern, sagt Lutz. „Die Diskussion ist emotional total aufgeladen und wird sehr unsachlich geführt.“ Er habe bereits Kontakt mit der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz aufgenommen um über eine Partnerschaft zu sprechen. Das Interesse sei allerdings eher verhalten gewesen. Auch mit der Stadt Stuttgart wolle man über eine Zusammenarbeit reden.

Schließlich steht das Projekt kurz vor dem Durchbruch. Zusammen mit den Hackern aus dem Shackspace in Stuttgart Wangen wollen die Mitglieder des OK Lab die Feinstaub-Box bald in hohen Stückzahlen produzieren lassen, bereits im Sommer sollen die ersten Feinstaubwerte über die Heimnetzwerke der Freiwilligen eingespeist werden. Dabei sollen die Geräte so geeicht sein, dass sie genauso exakte Werte liefern wie die Messstation am Neckartor. Was mit den Daten passiert, darüber mache sich Jan Lutz noch keine Gedanken. „Wie leisten unseren Beitrag“, sagt der 40-Jährige. Was sich daraus ergibt, werde man sehen.

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