Stuttgart und der Feinstaub - eine leidige Sache. Die Landeshauptstadt landet bei Untersuchungen zur Luftreinheit ständig ganz hinten.Bis Mitte März wurden die Grenzwerte schon an 36 Tagen überschritten - erlaubt sind 35. Im Jahr wohlgemerkt.

Stuttgart und der Feinstaub - eine leidige Sache. Die Landeshauptstadt landet bei Untersuchungen zur Luftreinheit ständig ganz hinten. Bis Mitte März wurden die Grenzwerte schon an 36 Tagen überschritten - erlaubt sind 35. Im Jahr wohlgemerkt.

 

Stuttgart/Karlsruhe - Stuttgart bleibt auch unter einem grünen Oberbürgermeister bei der Feinstaub-Belastung unrühmlicher Spitzenreiter in Deutschland. Am verkehrsreichen Neckartor wurde der erlaubte Tagesmittelwert von 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft bis Mitte März bereits an 36 Tagen überschritten, teilte die Landesanstalt für Umwelt (LUBW) am Dienstag in Karlsruhe mit. Die EU gestattet 35 Grenzwertüberschreitungen im Jahr.

Insgesamt habe Baden-Württemberg in Sachen Feinstaub aber von dem milden Winter profitiert. „Wir sehen im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eine etwas geringere Belastung“, sagte ein Sprecher des Landesamts.

Neben dem Neckartor in Stuttgart sind zwei Hauptverkehrsstraßen in Reutlingen und Markgröningen (Kreis Ludwigsburg) besonders belastet. Dort wurde der Grenzwert bis Mitte März an 18 Tagen überschritten. Kann eine Kommune die Vorgabe von 35 Tagen nicht einhalten, muss sie einen Luftreinhalteplan erstellen, meist mit Umweltzone. Feinstaub entsteht durch Emissionen aus Straßenverkehr, Heizungen, Kraftwerken oder anderen Industrieanlagen. Als Feinstaub bezeichnet man winzige Partikel, die für eine gewisse Zeit in der Luft schweben und beim Einatmen die Gesundheit gefährden können. Das Umweltbundesamt (UBA) hatte zuvor nach einem „Welt“-Bericht vor hoher Feinstaub-Belastung in Städten gewarnt.

Hinter Stuttgart rangiert Berlin

Witterungsbedingt sei in diesem Jahr besonders der Osten Deutschlands betroffen. Hinter Stuttgart rangiert Berlin. Dort wurde in einer Straße im Stadtteil Neukölln der Grenzwert bis Mitte April an 33 Tagen überschritten. Die Zahlen für die Südwest-Städte reichen bisher nur bis Mitte März.

Stuttgart sei wegen der Kessellage der Innenstadt und des starken Autoverkehrs besonders belastet, sagte der LUBW-Sprecher. Im vergangenen Jahr wurde der Grenzwert an 91 Tagen überschritten. Bis Mitte März 2013 waren es ebenfalls 36 Tage gewesen. Stuttgarts OB Fritz Kuhn hatte zu Beginn seiner Amtszeit Anfang 2013 den Kampf gegen Feinstaub als eine seiner Hauptaufgaben bezeichnet.

Der Auto Club Europa (ACE) in Stuttgart hielt Kuhn vor, es hapere bei der Umsetzung seiner Vorsätze. „Da ist noch Luft nach oben.“ So müssten die Fahrradwege ausgebaut und es müsse mehr Möglichkeiten für Park&Ride geben. In keinem Bundesland gibt es so viele Umweltzonen mit Fahrverboten für „alte Stinker“ wie in Baden-Württemberg. Seit Dezember 2013 dürfen auch in Leonberg/Hemmingen nur noch Fahrzeuge mit grüner Umweltplakette unterwegs sein. Bereits im Laufe des Jahres waren auch in Wendlingen, Schramberg und Ludwigsburg samt Umgebung Fahrverbote für alte Fahrzeuge mit einem hohen Feinstaub- und Stickstoffdioxid-Ausstoß verhängt worden. Schon länger bestehende Umweltzonen wurden zuletzt erweitert.

Der Südwesten verfügt über rund 25 Umweltzonen - Gebiete mit Fahrverbot für Autos mit hohem Schadstoffausstoß. Die ersten wurden vor mehr als fünf Jahren eingerichtet. Grund dafür ist die Feinstaub-Richtlinie der Europäischen Union. Den Feinstaub verringern und alte Fahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoß verdrängen, sind die Ziele der Umweltzonen. Die Wirkung ist allerdings nach wie vor umstritten. Außer am Stuttgarter Neckartor waren die Grenzwerte 2013 in Tübingen, Reutlingen und Markgröningen überschritten worden.

Feinstaub - Grund für 47.000 Todesfälle im Jahr

Öfen, Motoren, Landwirtschaft, Industrie - Feinstaub wird in erster Linie durch den Menschen erzeugt. In Ballungsgebieten ist die Quelle der winzigen, in der Luft schwebenden und gesundheitsschädlichen Teilchen vor allem der Straßenverkehr.

Zu den Feinstaubpartikeln, die Motoren produzieren, kommen der Abrieb von Bremsen und Reifen sowie der von der Straßenoberfläche aufgewirbelte Staub. Es gibt aber auch natürliche Quellen: Dazu gehören Emissionen aus Vulkanen und Meeren, Waldbrände und die Bodenerosion.

Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge treten bei einer hohen Konzentration von Feinstaub verstärkt Herzkreislauf- und Atemwegserkrankungen auf - wie zum Beispiel Lungenkrebs. Denn kleinste Teilchen können beim Einatmen bis in die Lungenbläschen und den Blutkreislauf gelangen und sich so im ganzen Körper verteilen.

Zum Schutz der Gesundheit gilt in Deutschland seit 2005 die Feinstaub-Richtlinie der Europäischen Union. Die Weltgesundheitsorganisation rät jedoch, die gültigen Grenzwerte zu verschärfen. Nach Angaben des Umweltbundesamtes gehen allein in Deutschland im Durchschnitt rund 47.000 Todesfälle jährlich auf die Belastung mit Feinstaub zurück.