Der erste Tag des Feinstaubalarms hat gezeigt, dass die Meteorologen mit ihrer Vorhersage Recht hatten. Die austauscharme Wetterlage hat dazu geführt, dass am Neckartor die Schadstoffe stark angestiegen sind.

Stuttgart - Der erste Tag des Feinstaubalarms hat deutlich gezeigt, dass die Meteorologen mit ihrer Vorhersage Recht hatten. Die austauscharme Wetterlage hat dazu geführt, dass am Montag am Neckartor ein Feinstaubwert von 89 Mikrogramm gemessen wurde, das sind 39 Mikrogramm über dem Grenzwert von 50.

 

Der von der Karlsruher Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz ermittelte Wert ist aber nicht offiziell, da er mittels einer Infrarot-Streulichtmessung ermittelt wurde. Dabei wird, vereinfacht gesagt, die Anzahl der Partikel in der Luft gezählt. Beim offiziellen, gravimetrischen Verfahren werden die Schadstoffe aus der Luft gefiltert und gewogen. Diese Ergebnisse liegen aber erst Wochen später vor. Da die Abweichung der beiden Messungen aber maximal fünf Mikrogramm beträgt, ist zumindest sicher, dass der 18. Januar der zweite Tag 2016 war, an dem der EU-Grenzwert überschritten wurde. 35 Tage pro Jahr sind erlaubt. Da die Wetterlage weiter ungünstig bleibt, wurde der Alarm bis Freitag (24 Uhr) verlängert.

Noch keine offiziellen Verkehrsdaten

Fritz Kuhn (Grüne) sieht durch den hohen Wert die Wichtigkeit des Feinstaubalarms bestätigt. Es werde deutlich, wie notwendig der Verzicht aufs Auto sei, erklärte der Oberbürgermeister. Dass der Verzicht gefühlt überhaupt nicht stattgefunden hat und der Verkehr an beiden Tagen war wie immer, wollte man im Rathaus nicht bestätigen. Subjektiv könne man den Eindruck haben, erklärte Pressesprecherin Jana Braun, aber erst müssten die Verkehrsdaten bewertet werden und das dauere, da man in den Archiven einen dem Montag vergleichbaren Tag finden müsse. Erst dann könne man beurteilen, ob die Verkehrsdichte über oder unterdurchschnittlich war. Kuhn bekräftige aber schon mal vorsorglich, was bei Nichteinsicht der Autofahrer passiere. „Wir müssen die EU-Richtlinien einhalten“, sagte er, „am besten freiwillig, notfalls unter Zwang.“

Vom Einhalten der Grenzwerte war man am Montag weit entfernt. Und auch am zweiten Tag waren immer noch Fragen über das Prozedere des Feinstaubalarms offen. In Internet-Foren wurde zum Beispiel geklagt, dass man gar nicht so genau wisse, wo denn die Umweltzone Stuttgart zu finden sei, für die der Feinstaubalarm gelte. Grundsätzlich ist diese Zone das gesamte Stadtgebiet – ausgenommen sind nur einige Straßen am Hafen und zwischen Plieningen und dem Flughafen.

Irritationen um die U 11

Ein Umsteige-Angebot wurde auch an Tag zwei wieder kaum genutzt. Die Sonderlinie U 11, die vom Wasen in einem Ring durch die Innenstadt fährt, startete auch am Dienstag überwiegend leer. Die Linie verkehrt von 8.30 bis 18.30 Uhr im Viertelstunden-Takt, Autofahrer, die dort von ihrem Auto auf die Bahn umsteigen, wurden aber so gut wie keine gezählt.

Das sei aber auch nicht zu erwarten gewesen, erklärte Jana Braun. Die U 11 sei „als Ergänzung und Entlastung für die Innenstadtlinien gedacht“, sagte sie. In einer Pressemitteilung der Stadt vom Montag hieß es dagegen wörtlich: „Die U 11 . . . ist ein Angebot an alle, die sich tagsüber sonst mit dem Auto in der Stadt bewegen, um bequem umsteigen zu können.“ Aus diesen Worten zu schließen, dass Autofahrer am Wasen von ihrem Vehikel auf die Bahn umsteigen sollen, weist Sprecherin Braun aber zurück. „Dazu müssen erst noch einige Dinge geklärt werden.“

Das ist freilich richtig. Dabei geht es vor allem ums Parken. „An 190 Tagen im Jahr müssen wir an unserem Parkplatz kassieren“, erklärte Andreas Kroll, Geschäftsführer von In Stuttgart und damit sozusagen Hausherr auf dem Wasen. Normalerweise kostet das Parken auf dem Gelände sechs Euro, in dieser Woche ist die Zufahrt aber frei, da keine großen Veranstaltungen im Stadion und in den beiden großen Hallen anstehen.

BUND sieht Alarm als gescheitert

Ob künftige Feinstaub-Pendler kostenlos parken können und wie das funktionieren soll, muss erst noch in Gesprächen mit der Stadt geklärt werden. Einfach wird das aber nicht. „Ein Problem ist, dass Pendler bei uns nicht überall parken können, weil wir die Parkplätze im Verlaufe des Tages ja für unsere Veranstaltungen brauchen“, erklärte Kroll.

Auch bei der SSB ist man über den Auftakt der U 11 als Feinstaub-Entlastung noch nicht glücklich. „Da ist noch viel Platz“, sagte Susanne Schupp. Die SSB-Sprecherin betonte aber auch, dass der Verkehrbetrieb „sich in Sachen Feinstaubalarm engagieren will.“ Deshalb nehme man auch die Kosten von etwa 10 000 Euro für die Sonderlinie pro Tag in Kauf. Und auch die Mühen, Personal und Züge dafür abzustellen. „Die Situation ist personell schwierig, aber lösbar“, sagte sie. Schwierig sei es auch mit geringem Vorlauf bis zu vier Züge für die Sonderlinie abzustellen. Dennoch wolle man jetzt erst einmal noch abwarten, ehe man den Sinn des Sonderaufwandes bewerte.

Keine Zeit braucht dagegen der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), um zu einer Bewertung zu kommen. Bereits die ersten zwei Tage hätten gezeigt, dass die Freiwilligkeit nicht funktioniere. „Wir brauchen 20 Prozent weniger Verkehr“, erklärt Klaus-Peter Gussfeld, Referent für Verkehr und Raumordnung beim BUND, „und die haben wir an den ersten beiden Tagen sicher nicht erreicht.“