Die Stadt erwägt für den nächsten Feinstaubalarm am 15. Oktober ein neues Nahverkehrs-Angebot. Dazu würde eine von drei Fahrspuren auf der Cannstatter Straße und der Willy-Brandt-Straße nur für Busse reserviert werden.

Stuttgart - In der ersten Testphase für den Feinstaub-Alarm im Frühjahr 2016 war die Landeshauptstadt wenig erfolgreich. Trotz einer vorgeschalteten Werbekampagne, Radiodurchsagen und Bannern an Brücken über Einfallstraßen gab es wenig Umsteiger vom Auto auf Busse und Bahnen. Das soll sich ändern, zumal die Landesanstalt für Umwelt und Messungen bis zum 24. Mai bereits an 32 Tagen Überschreitungen der Feinstaub-Grenzwerte registrierte. Von der EU zugelassen sind pro Jahr maximal 35.

 

Die nächste Feinstaub-Alarmphase beginnt am 15. Oktober. Bis dahin will OB Fritz Kuhn (Grüne) entscheiden, ob bereits zu diesem Zeitpunkt Pendelbusse von den Parkplätzen am Wasen in die Innenstadt fahren. Im Frühjahr war die Feinstaublinie U 11 eingesetzt worden. Allerdings mit sehr mäßigem Erfolg. Die Stadtbahnen können vom Wasen aus erst um 8.30 Uhr starten, weil die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) nicht genügend Fahrzeuge hat. Sie werden im morgendlichen Hauptverkehr vor 8.30 Uhr gebraucht.

Im Rathaus werden alle Optionen geprüft

Man prüfe alle Optionen, heißt es im Rathaus. Bei der mit den Pendelbussen statt den Stadtbahnen gebe es aber die „nicht triviale Frage, wie man Zeiten einhält“. Eine Antwort hat die Verwaltung schon gefunden: „Wir prüfen alle Varianten. Nach meinem Kenntnisstand auch die Einrichtung einer Busspur“, sagt Michael Münter, Leiter des Referats Koordination und Planung im OB-Büro. Damit würde für Autofahrer bei Feinstaubalarm eine von drei Fahrspuren auf der Cannstatter und der Willy-Brandt-Straße wegfallen.

Der Einsatz der Busse hat sich für die SSB bereits konkretisiert. In der jüngsten Klausursitzung wurde der Feinstaub-Busshuttle als kurzfristige und realistische Option besprochen. Es sollen für vier Millionen Euro zehn Fahrzeuge bestellt werden. Jeder Einsatztag würde mit 15 000 Euro zu Buche schlagen. Die Busse würden von 5.30 Uhr bis 22.30 Uhr fahren und vom Wasen aus den Charlottenplatz, das Rathaus, die Haltestelle am Wilhelmsbau und den Hauptbahnhof ansteuern, bevor die Tour sich mit der Rückkehr zum Wasen rundet.

Aufsichtsrat will Buskauf zustimmen

Die Aufsichtsräte erwarten, dass SSB-Vorstandschef Wolfgang Arnold den Buskauf in der Sitzung am 28. Juni zur Abstimmung stellt. Der Terminplan sei extrem eng, wenn man die Feinstaub-Linie bereits im Oktober einsetzen wolle, sagen Experten. Allerdings könne man auf ein solches Angebot nicht verzichten. Land, Stadt und Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) wollen bis dahin auch ein Feinstaub-Ticket mit deutlicher Preisreduzierung anbieten. Im Frühjahr hatten sie das nicht geschafft.

Der Aufsichtsrat soll außerdem einer neuen Stadtbahnlinie U 19 zustimmen, die von Montag bis Freitag von 6 bis 20 Uhr im Zehn-Minuten-Takt von Neugereut bis zum Neckarpark fahren würde. Voraussetzung ist allerdings, dass das Nadelöhr am Cannstatter Wilhelmsplatz diesen Zusatzverkehr verkraftet. Dazu soll die Leistungsfähigkeit des Umsteigeknotens untersucht werden. Außerdem zur Abstimmung steht die U 13. Sie soll künftig in der nachmittäglichen Hauptverkehrszeit alle 7,5 statt zehn Minuten von Feuerbach bis Bad Cannstatt fahren. Die U 19 ist für eine Betriebsdauer von sechs Monaten mit einer Million Euro kalkuliert, die verbesserte U 13 mit 100 000 Euro.

OB Fritz Kuhn mahnt Hilfe des Landes an

OB Kuhn und SSB-Chef Wolfgang Arnold hatten vor den Koalitionsverhandlungen Zuschüsse des Landes für den Kauf von Schienenfahrzeugen angemahnt. In den nächsten fünf Jahren seien 250 Millionen Euro nötig. Käme das Geld nicht, so die Warnung, müsse das Leistungsangebot eingeschränkt werden. Dann könnte die Landesregierung Zusagen kaum einhalten. Vor dem Verwaltungsgericht hatte sie sich Ende April mit zwei Feinstaub-Klägern auf eine Verringerung der Fahrzeugmenge auf der Cannstatter Straße um 20 Prozent ab dem 1. Januar 2018 geeinigt. Und zwar dann, wenn die 35-Tage-Grenze auch 2017 nicht eingehalten werden sollte. Mit der Busspur wären die 20 Prozent vielleicht machbar, heißt es im Rathaus. Sie könne jedenfalls rechtssicher ohne großen Aufwand eingerichtet werden. Das Land setzt mittelfristig auf die Einführung der blauen Plakette, um alte Dieselfahrzeuge aus der City fern zu halten. Wann der neue Aufkleber kommt ist aber ungewiss. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat sich dagegen ausgesprochen.