Bei einer Fachtagung des Städtetags Baden-Württemberg berichten Vertreter von Kommunen, wie sie das Thema Inklusion voranbringen. Eines wird bei der Veranstaltung deutlich: Menschen mit Behinderung sind als Experten gefragt.

Rems-Murr: Sascha Sauer (sas)

Fellbach - Dumm gelaufen, könnte man sagen: Da stellt die Stadt Fellbach ein nigelnagelneues Bad für rund 40 Millionen Euro hin, und erst, als alles fertig ist, bemerkt man, dass die Theke im Eingangsbereich zu hoch für Rollstuhlfahrer ist. Das wäre wohl nicht passiert, wenn man Menschen mit Behinderung bei der Planung mit einbezogen hätte.

 

Diese Geschichte erzählte der Erste Bürgermeister Günter Geyer auf dem Fachtag „Inklusion Kommunal – Chance und Herausforderung für Kommunen“, den der Städtetag Baden-Württemberg am Dienstag veranstaltet hat. Geyer begrüßte rund 120 Gäste im Fellbacher Rathaus. Auf dem Fachtag wurde vor allem darüber gesprochen, wie Städte und Gemeinden das komplexe Thema Inklusion verankert haben und voranbringen.

In Fellbach gibt es seit 2013 eine Inklusionsbeauftragte

In Fellbach gibt es seit dem Jahr 2013 mit Michaela Gamsjäger eine Inklusionsbeauftragte. Die Teilzeitstelle ist bei der Stabsstelle Senioren, Integration und Inklusion angesiedelt. „Die erste Aufgabe war es, einen Aktionsplan Inklusion zu erarbeiten“, sagte Michaela Gamsjäger. Dabei sei es von Beginn an wichtig gewesen, dass außer Experten auch behinderte Menschen an allen Planungsprozessen beteiligt sind. „Bei der Zusammenarbeit ist mir aufgefallen, dass Menschen mit Behinderung sehr viel Geduld mit Menschen ohne Behinderung haben“, sagte sie.

Die möglichst umfassende Teilhabe von Menschen mit Behinderung im alltäglichen Leben hat viele Aspekte. Darauf wies auch die baden-württembergische Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) in ihrer Rede hin. „Die Kommunen machen sich zunehmend auf den Weg, Inklusion Realität werden zu lassen“, sagte sie. Die Beteiligung der Städte und Gemeinden sei so wichtig, weil der Inklusionsgedanke nur dort mit Leben gefüllt werden könne, wo die Menschen leben und zuhause sind.

Das Wort Inklusion ist in aller Munde

Das Wort Inklusion ist spätestens seit der Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention in aller Munde. Einen etwas anderen Blick auf das Thema warf die Professorin Elisabeth Wacker, die den Lehrstuhl für Diversitätssoziologie an der Technischen Universität München inne hat. Dort werden auch Wege entwickelt und erprobt, die von einer traditionellen Komplexeinrichtung zu einer neuen Form der Unterstützung bei Behinderung führen.

Die Gestaltung der Teilhabe sei ein komplexer Prozess, sagte Elisabeth Wacker. „Man hat es mit einem Orchester der Vielfalt zu tun, bei der mehrere Tonlagen beachtet werden müssen.“ Dabei sei es wichtig, die Menschen im Blick zu haben, weil es nicht „die Behinderten“ gebe. Vieles sei aber noch Zukunftsmusik, so die Professorin. „Es muss sich noch einiges entwickeln, wir sind aber mittendrin im Prozess.“

Wichtig ist die Einbindung von Menschen mit Behinderung

Ein Heimspiel hatte Thilo Rentschler. Der Oberbürgermeister von Aalen ist nicht nur in Fellbach aufgewachsen, sondern war hier auch SPD-Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat. Rentschler berichtete von Bemühungen und Vorstößen in Aalen. Wichtig sei die Einbindung von Menschen mit Behinderung, sagte er. „Unser Anspruch lautet Aalen für alle.“

Inklusion sei kein Selbstläufer, sagte Rentschler. „Wir haben aber erkannt, dass Inklusion so früh wie möglich beginnen muss, um eine nachhaltige Wirkung auf alle Beteiligten zu haben.“ So sei ein Ziel der Stadt Aalen, dass allen Kindern ermöglicht werden soll, den regulären Kindergarten zu besuchen.