Auf dem Weg nach oben musste der Profi-Bergsteiger Alexander Huber auch den Umgang mit Abstürzen lernen.

Fellbach – - Der Extremkletterer Alexander Huber hat sich zusammen mit seinem Bruder Thomas einen Namen als Huberbuam gemacht. Wir haben uns mit ihm über Existenzängste, sportliche Ziele und seinen Umgang mit dem Risiko unterhalten.
Herr Huber, achten Sie als Profisportler eigentlich auf Ihre gesunde Ernährung?
Natürlich ist eine gesunde Ernährung die Basis für gute Leistungen. Das gilt nicht nur für den Sport, sondern für das Leben ganz allgemein. Es liegt in der Natur der Sache, dass ich schon wert darauf lege, dass ich mich gut ernähre.
Warum machen Sie dann Werbung für die Milchschnitte?
Letztlich hängt ja alles vom richtige Maß ab. Angefangen beim Alkohol über den Schweinebraten bis zur Milchschnitte. Die Milchschnitte ist ja nicht als Ernährungsgrundlage gedacht, sondern als schnelle Energie für zwischendurch, und da funktioniert eine Milchschnitte genauso wie jeder andere Energieriegel auch. Beim Sport brauchen wir schnell verfügbare Energie. Dazu gehört eben auch Zucker. Damit ist ganz klar, dass es eine Ernährungsergänzung für den Sportler ist, die zwischendrin durchaus Sinn macht.
Wie wird man eigentlich Profibergsteiger?
In meinem Fall war das ganz einfach. Ich habe Physik studiert und war dann beruflich als Physiker am meteorologischen Institut in München und vom Hobby her Kletterer und Bergsteiger. Ich habe realisiert, dass ich als Kletterer an der Weltspitze bin und habe dann versucht, als Bergsteiger meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Da habe ich einfach gemerkt, dass das über die Vorträge funktionieren kann. Damals habe ich die Entscheidung getroffen, zumindest zwischenzeitlich die Physik ruhen zu lassen und zu versuchen, meinen Lebensunterhalt als Bergsteiger zu bestreiten. Das heißt effektiv, dass ich Vortragsreferent bin.
Was macht für Sie die Faszination der Berge aus?
Es ist natürlich schon immer gewaltig, oben zu stehen. Da steht man über den Dingen. Das verschafft einem wunderschöne Momente, und gerade dann, wenn man unheimlich viel Energie investiert hat, ist es umso schöner, wenn man oben steht.
Warum kürzen Sie diese faszinierenden Erlebnisse gelegentlich ab, indem Sie als Speedkletterer Geschwindigkeitsrekorde aufstellen?
Wenn man viel Energie in ein Ziel investieren muss, um es zu erreichen, dann ist es eben kein alltägliches, sondern ein besonderes Ziel. Das gilt auch, wenn man das Ziel besonders schnell erreicht hat. Verglichen mit einem Skifahrer ist es schon schön, ein regionales Rennen zu gewinnen, aber um einen Weltcupsieg zu erreichen braucht es schon eine besondere Vorbereitung. Es braucht sicher auch einiges an Glück, dass man am Ende ganz oben steht. Vor allem aber viel Energie und Motivation. Je mehr Energie man in ein Ziel investiert, desto besonderer ist es, dieses Ziel zu erreichen.
Sie sind auch free solo, also ohne Seilsicherung, unterwegs. Ist das nicht ein allzu gewagtes Spiel mit dem Tod?
Es ist natürlich eine sehr risikoreiche Auseinandersetzung mit dem Berg, aber ein Risiko einzugehen heißt ja noch lange nicht, eine tatsächlich eklatante Bedrohung für das Leben zu akzeptieren. Es geht ja darum, wie ich dem Risiko begegne. Die Frage ist: Begegne ich dem Risiko sehr bewusst und habe ich die Kompetenz, solide einschätzen zu können, ob das grundsätzlich vorhandene Risiko eine tatsächliche Bedrohung für mein Leben darstellt.
2004 sind Sie an einer Depression erkrankt. Sport und Licht gelten als Therapie dagegen. Hat Sie das Licht der Berge geheilt?
Es war keine Depression im eigentlichen Sinn, sondern eine Angsterkrankung, die einfach mit der Situation in meinem Leben zu tun hatte. Wenn man sich dazu entscheidet, den Bergsport professionell zu betreiben, dann baut man seine Lebensgrundlage auf den bergsteigerischen Erfolgen auf. Das hat in der Zeit des Studiums und zu Beginn meiner Zeit als Physiker hervorragend funktioniert. Ich war erfolgreich, wunderbar. Aber wenn die sportlichen Erfolge ausbleiben, dann setzt einen das dahingehend unter Druck, dass man wirklich Angst hat, ob man das nächste Ziel schafft. Kann man damit dann die nächste Expedition finanzieren? Wird man oft genug als Vortragsreferent gebucht? Und natürlich wird man nur dann oft genug gebucht, wenn man erfolgreich ist. Wenn sich dann die Erfolge nicht einstellen, dann bekommt man in gewisser Weise Existenzangst.
Wie sind Sie damit umgegangen?
Es war mein Problem, dass ich mich zu sehr unter Druck gesetzt habe und am Ende sogar die Freude am Bergsteigen verloren habe. Das hat mir wirklich den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich habe damals gemerkt, das ich etwas an meiner Situation ändern muss. Ich wusste auch, dass es vor allem mein Geist war, der nicht mehr richtig funktionierte. Deshalb habe ich die professionelle Hilfe eines Psychotherapeuten in Anspruch genommen und versucht, die Dinge, die in meinem Denken falsch laufen, wieder auf die richtige Spur zu bringen.
Sie sind Träger des Bayrischen Sportpreises und der Bayrischen Staatsmedaille. Was bedeuten Ihnen solche Auszeichnungen?
Es sind natürlich Auszeichnungen, die schon die Wertschätzung der Gesellschaft zeigen, aber für mich ist die Anerkennung im Kreis der Bergsteiger und Alpinisten ganz klar das Wichtigste. Wirklich wichtig ist am Ende der sportliche Erfolg, denn dafür brennt man.
Was erwartet das Fellbacher Publikum bei Ihrem Vortrag „Im Licht der Berge“?
Das drückt der Titel im Endeffekt schon aus. Ich will das Licht der Berge vermitteln. Was wir von da oben an schönen Momenten mit nach Hause bringen können. Wenn ich auf einem besonderen Berg ganz oben stehe, bedeutet das für mich eine Erinnerung, die ich auch in zehn Jahren noch minutiös abrufen kann. Dieses Buch der Erinnerungen ist der wahre Weg meines Lebens.  Die Fragen stellte Michael Käfer