Die Polizei ist für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie Prävention zuständig. Dass die Aufgaben weit darüber hinausgehen, zeigt der Fellbacher Revierleiter Klaus Auer.

Fellbach - Es ist auch zu verlockend: Der Servicebetrieb Polizeirevier hat 365 Tage im Jahr rund um die Uhr geöffnet. Das heißt, dass bei Problemen jeglicher Art nach Schalter- und Dienstschluss meist nur noch die Freunde und Helfer als Ansprechpartner in Frage kommen. Und das wird von Bürgern reichlich beansprucht.

 

„Straftaten und Unfälle“, sagt Revierleiter Klaus Auer, „also unsere ureigenste Aufgabe, die auch jedem sofort einleuchtet, machen nur etwa 40 Prozent unserer Arbeit aus.“ Der Rest setzt sich aus unterschiedlichen Dienstleistungen zusammen. Der Polizeioberrat hat ein ganzes Din-A4-Blatt mit dem aufgelistet, was die Polizei sonst noch alles tun, was sie sozusagen „nebenher“ erledigen muss.

Da gibt es unter anderem kollegiale Hilfe bei Ersuchen von anderen Dienststellen. Das hält sich meist die Waage, weil die Fellbacher manchmal auch andere Reviere um Unterstützung bitten. Doch dann gibt es zuweilen einen Auftrag „Aufenthaltsermittlung“, zum Beispiel von einem Gericht. Da die Justiz dafür kein Personal hat, müssen eben Polizeibeamte recherchieren und sich vergewissern, dass ein Zeuge, Opfer oder Täter am angegebenen Ort tatsächlich wohnt. Amtliche Schriftstücke zuzustellen gehört auch zu den Dienstleistungen, die die Polizei zu erledigen hat. Die ist eh da und steht ja auch nach Feierabend zur Verfügung. Im Gegensatz zu einem Gerichtsbeamten.

Suche nach Vermissten ist besonders aufwendig

Einen großen Teil des Arbeitsaufwands machen Vermisste aus. Egal, ob der oder die Gesuchte alt oder jung, gesund oder krank ist – die Polizei muss ausrücken und fahnden – oft mit Hubschrauber und Hunden. Das ist besonders ärgerlich wenn bekannt ist, dass einer oder eine öfter mal ausbüxt. Wobei die Kosten für die Suchaktion meist nicht einmal in Rechnung gestellt werden können.

Unangenehm, ärgerlich und manchmal sogar gefährlich sind Hausstreitigkeiten. Immer mehr Menschen sind nicht in der Lage, miteinander zu reden. Deshalb wird dann häufig die Polizei angerufen, erklärt Klaus Auer. Dann müssen die Beamten als Streitschlichter arbeiten. Oft sind sie auch als Mediatoren gefragt, wenn es zu Einsätzen wegen häuslicher Gewalt kommt. Und sie müssen ausrücken, obwohl es zum Teil „alte Bekannte“ sind und die Polizisten genau wissen, dass das grün und blau geschlagene Opfer trotz guten Zuredens die Anzeige gegen ihren aggressiven Partner wieder zurückzieht. „Das ist eine riesige Bandbreite, die wir da abdecken müssen und es erfordert sehr viel Empathie und Menschenkenntnis, um im Alltagsdschungel kompetent unsere Aufgaben zu erledigen“, sagt der Revierleiter.

Wobei die Themen Brutalität, Randale, Ruhestörung oder andere Ärgernisse schon zum Thema Sicherheit gehören. Auch wenn sie hinter verschlossenen Türen stattfinden. Aber die Polizei muss zum Beispiel auch Schwertransporte begleiten. „In anderen Ländern wird das von Privatunternehmen gemacht“, sagt Klaus Auer. Eine Aufgabe, die nur am Rand mit öffentlicher Ordnung zu tun hat, ist die „Zuführung von Schulschwänzern“. Via Schule, Ordnungsamt und Verfügung bleibt die praktische Ausführung an der Polizei hängen.

Auch Fundsachen oder -tiere werden im Revier entgegengenommen, und nicht nur, wenn das Rathaus geschlossen ist. Das gibt einen bürokratischen Aufwand, weil erst mal geklärt werden muss, ob der Gegenstand möglicherweise gestohlen wurde. Wird ein Fahrrad gefunden, und es liegt keine Diebstahlsanzeige vor, muss eine „Sachfahndung“ aktenkundig gemacht werden. Falls der Bestohlene sich doch noch melden sollte, kann das Fundstück zugeordnet werden. In diesem Zusammenhang rät Auer den Besitzern, sich einen Fahrradpass zu besorgen und die erforderlichen Daten zu notieren.

Keiner überbringt gerne die Todesnachrichten

Eine schwere Aufgabe, um die sich keiner reißt, die aber auch zum Aufgabengebiet der Polizei gehört, ist die Überbringung von Todesnachrichten, denn der Tod fragt nicht nach der Arbeitszeit eines Sozialarbeiters oder Psychologen. Aber die Männer in Blau stehen eben auch nach Geschäftsschluss zur Verfügung. Auer: „Der Polizeiberuf wird zunehmend anspruchsvoller und ein Polizeibeamter ist manchmal kompromissloser Kämpfer, einfühlsamer Sozialarbeiter, belesener Rechtsexperte und immer Mensch in Uniform“.

Über einen weiteren Bereich hat es bereits ausreichend Diskussionen gegeben, ohne dass es zu einer befriedigenden Lösung gekommen wäre: der Einsatz bei Fußballspielen. Müssen Staatsdiener tatsächlich auf Kosten der Steuerzahler rund um private Unternehmen für Sicherheit sorgen? Dass sie bei Veranstaltungen mit „Schutzpersonen, die den Staat repräsentieren“ ran müssen, ist wieder ein anderes Thema. Auch der Einsatz bei großen Demonstrationen kostet Arbeitskräfte und Zeit, die sich in Form von Überstunden niederschlägt. Wie auch die Abordnung von Revierbeamten zu Sokos – Sonderkommissionen – oder anderen Gemeinschaftsaktionen im Bereich des Polizeipräsidiums Aalen. Wenn dann in einer Schicht gerade mal noch ein Polizei-Duo und ein Wachhabender im Revier zur Verfügung stehen ist nachvollziehbar, weshalb Beamte nicht sofort vor Ort sein können. Zum Beispiel zu einer Aufgabe, für die die Polizei primär zuständig ist.

Das Fazit von Auer lautet: „Wir dürfen nicht den ,Service’ kürzen – wir brauchen einfach mehr ,Servicekräfte’, um den gestiegenen Anforderungen an den Polizeiberuf und den Anforderungen der Bürgerinnen und Bürgern gerecht zu werden.“