Die denkmalgeschützte Kreuzkapelle mit prächtigen Arbeiten der barocken Wessobrunner Schule wird mit High-Tech-Geräten erfasst und dokumentiert.

Oeffingen - Mit modernster Technik ist Ingenieur Norbert Wüsteney der mehr als 400 Jahre alten Kreuzkapelle zu Leibe gerückt. Der Fachmann hat mit einem Laserscanner das denkmalgeschützte Gemäuer am Weg von Oeffingen nach Waiblingen im Auftrag der katholischen Kirchengemeinde abgetastet. Die High-Tech-Kamera hat die Kapelle aus allen Perspektiven fotografiert. Daraus baut der Computer ein 3D-Modell, das bei Renovierungen hilfreich ist.

 

Bei einem Sturm im vergangenen Sommer krachte ein großer Ast der Birke, die neben dem Eingang wächst, auf das Dach der Kreuzkapelle, erzählt Konrad Pflug, der sich ehrenamtlich seit vielen Jahren mit der Ortsgeschichte beschäftigt. Der Schaden war beträchtlich. „Für die Reparatur haben wir nach Plänen gesucht und festgestellt, dass es keine Unterlagen gibt.“ So haben die Oeffinger den Experten aus Esslingen beauftragt, eine umfassende Bauaufnahme und -beschreibung zu machen, die den Bauzustand vom Fundament bis zum Dach dokumentiert.

Der Stuck an der Decke macht den kunsthistorischen Wert der Kapelle aus

Vor allem hat Norbert Wüsteney den Stuck an der Decke, der den kunsthistorischen Wert der Kapelle ausmacht, in allen Details archiviert. „Wir wollen diesen Schatz für die Zukunft sichern, auch, um im Falle von größeren Arbeiten eine genaue Vorlage zu haben“, sagt Pflug. In der Vergangenheit seien zwar immer wieder Restaurierungen vorgenommen worden, nie jedoch eine Zustandsbeurteilung oder Renovierung im fachlichen konservatorischen Sinne. „Wichtigstes Ziel des Projekts ist es deshalb, dass wir eine Handlungsempfehlung bekommen.“

Aus welchem Anlass oder Motiv die äußerlich schlichte Feldkapelle um 1600 am Wegesrand aus Feldsteinen erbaut wurde, ob als Stiftung oder Finanzierung durch die Grundherrschaft, Kirche oder Gemeinde, sei nicht überliefert, sagt Pflug. „Bekannt ist aber, dass der Fürstbischof von Augsburg, zu dessen Domkapitel Oeffingen bis 1806 territorial gehörte, zwischen 1690 und 1700 die Kapelle von Wessobrunner Stuckateuren sehr aufwendig ausschmücken ließ.“ So sei ein hervorragendes Zeugnis dieser Stilrichtung entstanden, das auch die zeitweise Zugehörigkeit Oeffingens zum bayerisch-oberschwäbischen Kulturkreis und die Ausgrenzung dieser katholischen Insel im württembergisch-protestantischen Umfeld dokumentiere.

Die prächtigen Arbeiten der barocken Wessobrunner Schule, Girlanden und Blüten, finden sich an der Altarwand

Die prächtigen Arbeiten der barocken Wessobrunner Schule, Girlanden und Blüten, finden sich an der Altarwand und flächendeckend an der Gewölbetonne. Das Werk wird dem Augsburger Hans-Jörg Brix zugeschrieben. Es zeigt eine Madonna im Strahlenkranz, die mit aufwendiger Ornamentik eingefasst ist. Ob die Farbgebung dem ursprünglichen Zustand entspricht, ist nicht bekannt, sagt Pflug. 1889 hätte „Modellier Kaiser“ aus Stuttgart abgefallene Teile des Stuck-Rosenkranzes an der Decke ergänzt.

Ebenfalls 1889 wurde die Kapelle durch zwei örtliche Malermeister neu ausgemalt. Welchen Umfang diese Arbeiten hatten und welche Veränderungen vorgenommen wurden, sei nicht überliefert. Zuletzt jedenfalls wurde der Deckenstuck 1984 vom ortsansässigen Kirchenmaler Rudolf Stolle ausgebessert und mit wasserdampfdurchlässigen Pastellfarben bemalt, erklärt Pflug. „Die Kreuzkapelle ist ein Kleinod des Wessobrunner Stucks in Württemberg, sie hat überregionale Bedeutung und ist schon deshalb etwas Besonderes.“

Der Laser hat die Kreuzkapelle innen und außen komplett gescannt

Erhaltenswert ist sie auch. Nach zwei Tagen packt Norbert Wüsteney die schwarz-weißen Markierungen ein, die den zu messenden Bereich eingrenzen. Der Laser hat die Kreuzkapelle innen und außen komplett gescannt. Jetzt muss der Computer nur noch alle Daten zu einer 360-Grad-Rundumansicht zusammensetzen, dann ist die Vorlage für künftige Restaurationsarbeiten fertig.