Nach dem VGH-Urteil gegen Zertifikat-forderungen in Friedhofsordnungen prüft auch die Stadt ihre Regel.

Fellbach - Reihenweise werden derzeit im Land die Friedhofsatzungen geändert. Grund ist ein kleiner Absatz, den zuvor viele Kommunen in bester Absicht hineingeschrieben haben. Die Stadt Kehl am Rhein beispielsweise hat festgelegt, dass nur Grabsteine verwendet werden dürfen, die nachweislich aus fairem Handel stammen und ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt sind. Der Nachweis hierfür müsse durch ein vertrauenswürdiges, allgemein anerkanntes Zertifikat erbracht werden. Ähnliches findet sich in vielen Friedhofsordnungen in Baden-Württemberg, nachdem 2012 das Bestattungsgesetz so geändert wurde, dass Kommunen eine solche Regelung vorschreiben können. Auch Fellbach hat entsprechend reagiert.

 

Viele Steinmetze sind vor Gericht gezogen

Viele Steinmetze sind daraufhin vor Gericht gezogen. Auch im badischen Kehl, wo die sieben Kläger schließlich einen bahnbrechenden Erfolg erzielten. Sie haben vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim Recht bekommen. Die Bestimmung in der Friedhofssatzung von Kehl ist rechtswidrig und daher unwirksam, hat der 1. Senat des VGH Ende April dieses Jahres geurteilt.

Möglicherweise gilt das auch für die Friedhofsordnung der Stadt Fellbach, die der Gemeinderat Ende Januar vergangenen Jahres geändert hat. Auch in der Fellbacher Friedhofsordnung ist festgeschrieben, dass nur Grabmale aufgestellt werden dürfen, die nachweislich ohne Kinderarbeit auskommen, bestätigte das Presseamt auf Nachfrage. „Insofern ist zumindest indirekt auch die Fellbacher Friedhofsordnung vom VGH-Urteil betroffen“, teilte Pressesprecher Frank Knopp mit.

Im Gegensatz zu anderen Kommunen hat Fellbach darauf verzichtet, bestimmte Zertifikate als Nachweis zu fordern

Im Gegensatz zu anderen Kommunen habe die Stadt Fellbach allerdings darauf verzichtet, bestimmte Zertifikate als Nachweis zu fordern. „Es sind alle Zertifikate anerkannter Organisationen zugelassen. Daher gab es im Gegensatz zu anderen Kommunen bislang in Fellbach auch noch keine Probleme geschweige denn eine Klage.“ Die Stadt Waiblingen dagegen hat bereits im Juli ihre ein Jahr zuvor in die Friedhofsordnung hineingeschriebene Vorschrift ersatzlos gestrichen, wonach auf den Friedhöfen nur Materialien verwendet werden dürfen, die in der gesamten Wertschöpfungskette ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt sind.

Anlass zu hektischen Beschlüssen sieht man im Fellbacher Rathaus also nicht. Allerdings sei zum 1. Januar 2015 ohnehin vorgesehen, die Friedhofsordnung neu zu fassen. „In diesem Zusammenhang wird auch überlegt, welchen Niederschlag das VGH-Urteil finden muss“, so Knopp. Noch sei nicht entschieden, inwieweit die Forderung „Keine Grabsteine aus Kinderarbeit“ als verbindlich oder als Empfehlung in den Satzungstext eingeht.

Das Ziel lautet, keine Grabmale aus Kinderarbeit aufzustellen

An dem Ziel, keine Grabmale aus Kinderarbeit aufzustellen, ändert das allerdings nichts. Knopp: „Letztlich bleibt dies eine Frage des Vertrauens in das Zertifikat bzw. die das Zertifikat ausstellende Organisation.“ Selbst könne die Stadt natürlich nicht die Einhaltung der Bestimmungen vor Ort überprüfen.

Das schaffen auch die Steinmetze nicht, die den Zertifikaten ihrer Lieferanten vertrauen müssen. Die Papiere sind von den Gemeinden immer akzeptiert worden, berichtet der Fellbacher Grabmal-Hersteller Volker Gottwald, insofern habe es keine Probleme mit den Paragrafen gegeben. „Meine Lieferanten fahren ein oder zwei Mal im Jahr nach Indien, um nach dem Rechten zu sehen“, sagt Gottwald. Aber es sei sowieso klar, dass man keinen Zehnjährigen an eine Schleifmaschine für tonnenschwere Granitsteine stellen könne. Bei der Pflastersteinherstellung in China sei das vielleicht anders, mutmaßt Gottwald. Er sieht in der Diskussion um Kinderarbeit aber einen „angenehmen Nebeneffekt“: dass die Kunden eher als zuvor schon mal ein etwas teureres deutsches Modell nehmen.

Am besten sei es, ein Stein von einem Steinmetz zu nehmen, der sagt, er habe ihn selber gemacht

„An meinen Steinen klebt mein eigenes Blut“, sagt Gottwalds Kollege Michael Mack lachend. Er verarbeite überwiegend Rohmaterial, und wenn das aus Indien stamme, komme es mit Zertifikat. Aber auch so sei klar: „Kinder fahren keinen Gabelstapler“. Die Rohlinge, aus denen er die Grabsteine schleift, seien immerhin zwei bis drei Tonnen schwer. Er berät seine Kunden gerne ebenfalls in Richtung Steine aus deutschen Steinbrüchen, auch wenn das schon mal 200 Euro mehr kostet. Dafür geht es schneller. Und am besten, sagt Michael Mack, „ist ein Stein von einem Steinmetz, der sagt, er hat ihn selber gemacht“.