Die Fellbacher Bürgermeister haben sich die Meinung der Bürger zu Windkraftanlagen angehört.

Stuttgart/Fellbach - An diesen Fotos und Visualisierungen werden sich auch die Stuttgarter Einwohner kräftig stoßen, die unbedingt das vertraute Bild der Landschaft erhalten wollen. Drei Windkraftanlagen, einschließlich der Rotoren so hoch wie der Stuttgarter Fernsehturm, thronen auf dem Schurwaldrücken, ragen über den Wald hinaus, dominierend sichtbar vom Schmidener Feld, sogar von der Wilhelma aus in direkter Blickbeziehung – und beispielsweise von den östlichen Stuttgarter Stadtbezirken aus als neue Hintergrundkulisse für die Grabkapelle.

 

Alle drei Windräder ziehen den Blick des Wanderers auf sich, der auf der Wangener Höhe unterwegs ist. Wer beispielsweise von Gaisburg aus zur Grabkapelle blickt, wird diese möglicherweise künftig überragt von den modernen Windmühlen sehen. Das Trio steht auf der einzigen möglicherweise geeigneten Fläche in der Stadt Fellbach und der Gemeinde Kernen, wie ein Gutachten der Stadt Fellbach ergab. Baubürgermeisterin Beatrice Soltys hat bei einer Bürgerinformation zusammen mit ihrer Waiblinger Kollegin Birgit Priebe die Bürgermeinung dazu gehört.

An diesen Standorten weht nach heutiger Kenntnis, aber noch nicht abgesichert durch Messungen, der Wind stark genug. Sie sind nach gesetzlichen Vorschriften gegen Lärm- und andere Belastungen ausreichend weit von Siedlungen, vom Straßen-, Bahn- und Flugverkehr, von Vogel- und Wasserschutzgebieten abgerückt. Der Kappelberg weiter westlich soll als prägende Landmarke frei bleiben.

Landratsamt könnte mächtiger Gegner werden

Es gibt dennoch große Zweifel, ob jemals einer dieser Anzeiger der Energiewende verwirklicht wird. Eine der Bildanimationen zeigt einen Blick von den westlichen Hängen über Stuttgart-Wangen auf die Gegenseite. Die drei Windräder überragen den lieb gewordenen Blick auf die Grabkapelle, ein Landesdenkmal der allerhöchsten Schutzstufe. „Das ist ein die Landschaft krönendes Juwel. Die ganze Ortslage dort ist geschützt“, mit diesem zusätzlichen Hinweis protestierte Werner Veit, dem der Denkmalschutz erklärtermaßen vorrangig wichtig ist. „Der Ruhepunkt Grabkapelle vor einer Folie der Ruhelosigkeit – ob sich das verträgt?“

Weil solche ungelösten Konflikte mit Schutzrechten bestehen, ist nicht auszuschließen, dass der Planungsverband Unteres Remstal (PUR) der Städte und Gemeinden Fellbach, Kernen, Korb, Waiblingen und Weinstadt die potenzielle Fläche wegen des Denkmalschutzes aussondern muss: „Die Konflikte können so schwer wiegen, dass dort keine Vorranggebiete für Windkraftanlagen sein können“, sagt Beatrice Soltys. Ein mächtiger Gegner könnte das Landratsamt werden, das über das Landschaftsschutzgebiet auf dem Schurwaldrücken wacht. Gutachter prüfen auch noch, ob das in Stetten beheimatete geschützte Rotmilan-Paar sowie Fledermaus-Populationen und Vogelflug-Linien gefährdet durch die Windräder wären. Nicht jeder fühlt sich zum Protest aufgerufen: „Die Windräder sind nicht hübsch, aber ich kann damit leben“, sagte einer der etwa 50 anwesenden Bürger. Ein große Anzahl von Verfechtern der Energiewende stellte an diesem Abend auch die Vorteile der vor Ort erzeugten Windenergie heraus, statt sie über neue Hochspannungsfreileitungen von der Ostsee nach Süddeutschland zu leiten. Die Haltung zu schlanken Türmen im Wald ist auch eine Frage der Gewöhnung: Am weithin sichtbaren Fernsehturm stört sich, so ein Hinweis an diesem Abend, offenbar auch niemand.

Der PUR beginnt jetzt, sich mit Einwänden auseinanderzusetzen – die jetzt nach Bekanntwerden der Pläne wohl auch aus Stuttgart kommen werden. Ohne nähere Prüfung könne der Verband bei der Flächennutzungsplanung Standorte mit genügend Wind nicht ablehnen, sagt dessen Geschäftsführerin Birgit Priebe: „Das soll keine Verhinderungsplanung sein. Das würde die Landesregierung nicht akzeptieren.“