Beim Buch „Streetkid“ von Jimmy Kelly hat die Oeffingerin Patricia Leßnerkraus die Feder geführt. Die Zusammenarbeit mit dem Spross der Kelly Family war schön und anstrengend zugleich.

Fellbach - Unzählige Gespräche hat Patricia Leßnerkraus, Journalistin, Autorin und Medienberaterin, mit Jimmy Kelly – einem Spross der singenden Kelly Family – geführt. Sein ganzes Leben hat der mittlerweile 46-Jährige ihr dabei erzählt. Daraus ist nun ein rund 250 Seiten starkes Buch geworden. Es sei keine Biografie, viel eher eine Selbstfindung, sagt die Oeffingerin, die als Co-Autorin fungierte: „Manchmal war ich Hobby-Psychologin.“

 

Das Revival von The Kelly Family ist in aller Munde

Im Januar 2012 begann ihre Zusammenarbeit, im Mai 2017 ist „Streetkid – Fluch und Segen, ein Kelly zu sein“ im Heyne-Verlag erschienen. Von den ersten Gesprächen bis zum fertigen Buch war es ein langer Prozess. „Jimmy ist ein lieber Mensch, sehr intelligent, fast philosophisch, aber dadurch auch anstrengend“, sagt Patricia Leßnerkraus. Für ihre „unglaubliche Geduld“ bedankt sich Jimmy Kelly im Buch: „Ich freue mich, dass wir es endlich geschafft haben.“

Es hätte kaum einen besseren Zeitpunkt geben können. Schließlich ist das Revival von The Kelly Family gerade in aller Munde. „Manchmal muss man Dingen und Menschen ihre Entwicklung lassen“, sagt die 55-Jährige mit einem Lächeln. Gleich nach der Veröffentlichung Mitte Mai ist das Buch von Jimmy Kelly in die Spiegel-Bestsellerliste eingestiegen und rangiert dort bei den Paper-Back-Sachbüchern aktuell auf Platz 13. Es gebe eben eine große und extrem treue Kelly-Fangemeinde, sagt die Autorin.

Patricia Leßnerkraus. Foto: Eva Herschmann
„Zwei Monate haben wir nur geredet, mal war er hier in Oeffingen, mal bin ich zu ihm in die Eifel gefahren, wo er mit seiner Frau Meike und den drei Kindern lebt“, erzählt Patricia Leßnerkraus von der Zusammenarbeit. Die Gespräche hat sie alle auf Band aufgezeichnet. Sie kennt die ganze Geschichte und alle Geschichten der Kelly Family. Da war der sehr dominante Vater Dan Kelly, der die zwölf Kinder mit strenger Hand durch ganz Europa führte. Das war die Zeit, als aus den Straßenmusikern Weltstars wurden, die Millionen Euro verdienten. „Es war ein Leben wie im Rausch, hat er mal gesagt.“

Zeit, eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln, hatten die singenden Sprösslinge nicht. 2002 starb der Vater und plötzlich hatten die Kinder alles in der Hand. Jimmy Kelly habe die Situation der Familie mit einem Bild beschrieben: Vorher hätten sie einen Kapitän auf einem Riesendampfer gehabt, danach viele Kapitäne, von denen jeder in eine andere Richtung wollte, erzählt Patricia Leßnerkaus. „Das Buch diente ihm deshalb auch zur Verarbeitung, es ist eine Art von Vergangenheitsbewältigung.“ Aus dem ganzen Material, den vielen Gesprächen, die sie auf Band aufgezeichnet hatte, schrieb Patricia Leßnerkraus eine Biografie von Jimmy Kellys Leben. Doch als sie fertig war, stellte der Musiker plötzlich fest, dass er den Menschen gar nicht sein ganzes Schicksal von der Geburt in Spanien erzählen wollte, sondern etwas über sein Leben nach dem Erfolg, über die Jahre, in denen er erwachsen wurde.

Jimmy Kelly sieht sich als Kind der Straße

Denn 2007 hatte der mittlerweile verschuldete Jimmy Kelly entschieden, zurück zu seinen Wurzeln zu gehen und als Straßenmusiker durchs Land zu ziehen. „Er hat seine Geschichten der Straße auf Englisch aufgeschrieben und aus diesem Material entstand dieses Buch.“

Den Titel habe sich Jimmy Kelly ausgesucht. „Er sieht sich selbst als Streetkid, als Kind der Straße.“ Und der Name Kelly sei für ihn tatsächlich Fluch und Segen zugleich, sagt Patricia Leßnerkraus. Seine Kindheit sei wunderschön gewesen, er habe viel von der Welt gesehen, aber es sei auch vorgekommen, dass Menschen auf der Straße keine CD von ihm kauften, als sie erfuhren, dass er einer der Kellys ist.

Jimmy Kelly habe auf seinem Weg „back to the roots“ sich selbst gefunden, sich erden und seine Vergangenheit aufarbeiten können, erklärt Patricia Leßnerkraus. „Dass er dennoch beim Revival dabei ist, macht er aus Liebe zu seinen Geschwistern. Jimmy ist nämlich ein Familienmensch.“