Exklusiv Das Geschäft mit den Fernbussen boomt. Die Unternehmen fordern deshalb in Stuttgart mehr Haltestellen. Nun hat ein Unternehmen Klage eingereicht, weil die Stadt weitere Abfahrten vom Busbahnhof in Vaihingen ablehnt.

Stuttgart - Der Fernbusverkehr von und nach Stuttgart boomt. Unter den Großstädten ist die Landeshauptstadt eines der beliebtesten Reiseziele. „Die Fernbuslinie über den Halt Stuttgart nach München liegt mit 160 Fahrten in der Woche bundesweit auf dem fünften Platz“, sagt Johannes Thurnert, Sprecher des Internetportals „Fahrten-Fuchs“.

 

Auch auf anderen Strecken sind immer mehr Fernbusse mit dem Etappenziel Stuttgart unterwegs. „Im Januar hat es in Stuttgart 624 Abfahrten in der Woche gegeben, im August bereits 910“, so Thurnert. Diese Zunahme um nahezu 50 Prozent innerhalb von sieben Monaten sei bundesweit einzigartig. Der Trend zu mehr Fahrgästen sei ungebrochen und liege im unteren zweistelligen Bereich. „Mit 120 Fernbusfahrten in der Woche gehört auch die Verbindung über Stuttgart nach Karlsruhe bundesweit zu den Top Ten.“

Stuttgart ist ein wichtiger Knotenpunkt

„Stuttgart ist ein attraktives Ziel und ein wichtiger Knotenpunkt für Fernbusverbindungen zwischen Nord und Süd“, bestätigt Florian Rabe, Sprecher des Branchenführers Mein Fernbus. Die größte Herausforderung sei die unzureichende Zahl der Haltestellen in der Landeshauptstadt. „Die Situation ist verfahren“, so Rabe. Trotz vieler Gespräche habe sich im Rathaus leider nichts bewegt.

Wegen der „unkooperativen Haltung“ der Stadt hat Mein Fernbus inzwischen die Justiz eingeschaltet. „Wir haben Mitte Mai eine Klage eingereicht, weil uns wegen des angeblich ausgelasteten Busbahnhofs in Stuttgart-Vaihingen eine weitere Linienkonzession verweigert wird“, sagt Rabe. Die erste Klage des Unternehmens gegen eine Kommune richtet sich gegen Stuttgart. Verklagt wird aber Karlsruhe, weil die Stadt als Startpunkt der beantragten neuen Linie die zuständige Genehmigungsbehörde ist. Karlsruhe habe die Position Stuttgarts, dass in Vaihingen kein Platz für weitere Fernbusse sei, einfach übernommen, so Rabe. „Nach unserer Ansicht verfügt dieser Busbahnhof aber noch über zusätzliche Kapazitäten für Fernbusse.“ Trotz allem sei man weiterhin an einer gütlichen Einigung interessiert.

Bei dem Berliner Unternehmen gilt der Halt in Vaihingen wegen der S-Bahn-Anbindung und der Nähe zu Universität und Autobahn als ideal. Es hat für den Halt bereits Lizenzen für einige Linien, die bis ende 2020 gelten. Von dem provisorischen Busbahnhof an der Hafenbahnstraße in Obertürkheim ist der Branchenprimus wegen der schlechten Nahverkehrsanbindung und der großen Entfernung zur Autobahn überhaupt nicht angetan. Die Bussteige an der S-Bahn-Station in Zuffenhausen schneiden hingegen besser ab.

Die Bussteige sind wegen des Booms überlastet

Die dortigen Bussteige sind nach den Erfahrungen der Polizei allerdings wegen des Fernbus-Booms überlastet. „Unsere Streifen sind dort im Einsatz, weil es Beschwerden der Fahrer von Linienbussen gibt“, heißt es. Diese monierten, dass Fernbusse oft nicht nur an dem für sie vorgesehenen Bahnsteig, sondern überall halten würden. „Mit der Interimslösung in unserem Stadtbezirk gibt es immer wieder verkehrliche und sanitäre Probleme“, sagt Dieter Reischl, der stellvertretende Bezirksvorsteher von Zuffenhausen.

Das Provisorium in Zuffenhausen bleibt mindestens bis Anfang 2016 bestehen. Dann möchte die Stadt den gesamten Fernbusverkehr über das neue Stuttgart Airport Busterminal (SAB) am Flughafen abwickeln. An 17 Bussteigen sollen täglich bis zu 170 Omnibusse halten können. Damit entspricht die Kapazität in etwa der des ehemaligen ZOB am Hauptbahnhof, der dem Grundwassermanagement für Stuttgart 21 weichen musste. Kritiker halten das SAB für zu abgelegen und zu klein. Schließlich sei es erst geplant worden, als noch gar keine Fernbusse unterwegs gewesen seien.

Stuttgart hat ein Problem mit der Kessellage

„Wir wissen, dass die Fernbusse immer stärker nachgefragt werden“, bestätigt Stadtsprecher Sven Matis. Die Landeshauptstadt wolle auch ein interessantes Ziel für die Anbieter und Fahrgäste sein. „Wir wissen aber auch, dass die Busse Stuttgart wegen der Kessellage nicht gut anfahren können.“ Eine Haltestelle im Zentrum, welche die Interessen der Unternehmen und der Stadt vereine, gebe es nicht. „Wir möchten auch keine bestehenden Haltestellen in Vaihingen, in Zuffenhausen oder in Obertürkheim ausbauen“, so Matis. Die Stadt setze auf den neuen Busbahnhof am Flughafen, der Anfang 2016 in Betrieb gehen solle. Das SAB biete den Fahrgästen eine gute Infrastruktur und eine direkte Umsteigemöglichkeit auf die S-Bahn. „Im Übrigen stehen wir mit den den Busunternehmen in einem guten Austausch“, betont Matis. Dass dieser zumindest in einem Fall demnächst vor Gericht stattfindet, will der Sprecher der Stadt nicht kommentieren. „Zu einem laufenden Verfahren können wir uns nicht äußern“, sagt Sven Matis.