Die Fernbus-Linien hoffen in diesem Jahr auf 16 Millionen Reisende. Der Bahn macht der Boom zu schaffen – in einer für die Bahn schwierigen Zeit, analysiert Thomas Wüpper.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Günstige Preise, einfache Tarife, schnelle Buchungen, komfortable Verbindungen, akzeptable Reisezeiten – mit diesem Erfolgsrezept gewinnen Fernbusse immer mehr Kunden. Seit der Liberalisierung des Marktes vor zwei Jahren jagen die Anbieter auch der Bahn immer mehr Fahrgäste ab. In diesem Jahr hoffen die bereits etwa 260 Fernbuslinien auf mindestens 16 Millionen Reisende, das wären doppelt so viele wie 2014.

 

Der Schienenverkehr gerät durch die neue Konkurrenz auf der Straße immer stärker unter Druck. Bereits im abgelaufenen Jahr beklagte die Deutsche Bahn (DB) Umsatzeinbußen von 120 Millionen Euro bei ihren Fernzügen. 2015 könnten der Einnahmeausfall noch weit größer ausfallen. Denn der frisch formierte Marktführer Flixbus/Mein Fernbus plant eine große Offensive und will seine Kapazitäten bis Jahresende auf tausend Fahrzeuge fast verdoppeln.

Für DB-Chef Rüdiger Grube kommt die Attacke der Fernbusse in einer ohnehin schwierigen Zeit. Der Staatskonzern fährt nach einem massiven Gewinneinbruch auf Sparkurs. Die veraltete ICE-Flotte ist nach vielen Technikproblemen nur bedingt einsatzbereit, bei Neubestellungen gibt es Lieferverzug. Zudem ist das Schienennetz sanierungsbedürftig. Zwar hat der Konzern mit Bundesmitteln ein großes Modernisierungsprogramm angeschoben, aber die zahlreichen Baustellen werden in den nächsten Jahren zunächst einmal die Fahrzeiten verlängern und zu weiteren Behinderungen für die Bahnkunden führen.

Die Fernbusse dagegen setzen auf schnelle Direktverbindungen und wollen dadurch den größten Nachteil gegenüber der Bahn, die längeren Reisezeiten, verringern. Mein Fernbus/Flixbus will auf umkämpften Strecken wie Berlin-Hamburg sogar im 30-Minuten-Abstand fahren, auch die Nachtbuslinien ausbauen und zudem beliebte Ziele im Ausland wie Venedig oder Brüssel regelmäßig ansteuern.