Der Degerlocher Friedrich Wolfenter hat seit 14 Jahren keine einzige Partie im Fernschach verloren: eine Reihe von 101 Siegen oder Remis. Der 82-Jährige hat dafür ein Rezept.

Degerloch - Friedrich Wolfenter ist anscheinend unschlagbar. In den vergangenen 14 Jahren hat es keiner seiner Gegner geschafft, ihn zu schlagen. Der 82-Jährige setzt auf wenig Risiko, genaue Analyse und bringt den wohl wichtigsten Charakterzug für erfolgreiche Züge im Fernschach mit: Nach eigenem Bekunden und offensichtlich ist er geduldig, sehr geduldig. So kann der Degerlocher auf eine Serie von 101 Fernschach-Partien ohne eine einzige Niederlage zurückblicken.

 

59-mal hat er gegen Gegner aus 16 verschiedenen Ländern gewonnen, 42-mal unentschieden gespielt, über 3300 Züge per Post an seine Kontrahenten gesandt. „Bei dieser Anzahl keinen Fehler zu machen, ist schwer“, sagt Wolfenter. Er sitzt in seinem Reich, umgeben von Damen, Königen, Bauern, Läufern, Springern und Türmen in vielerlei Ausführungen, 2500 Schachbüchern, dem ältesten und dem kleinsten Schachcomputer und zahlreichen blauen Ordnern. In ihnen hat Wolfenter die Unterlagen zu seinen Fernschach-Partien feinsäuberlich abgeheftet.

Respekteinflößende Adressaufkleber

Er könnte den zehn bis 20 Gegnern, mit denen er zeitweise parallel zugange ist, seinen nächsten Zug auch auf schnellerem Wege via Fax oder PC mitteilen. Immerhin dauert eine Partie im Fernschach national circa zwei und international ungefähr fünf Jahre. „Aber ich bin noch von der alten Generation und spiele aus ästhetischen Gründen gern per Post“, sagt Wolfenter und zeigt seinen Adressaufkleber mit einem Wolf, der einen Schachkönig frisst und den Kontrahenten bisweilen Respekt einflößt. Die Briefmarken der Gegenspieler lassen mitunter sein philatelistisches Herz höher schlagen.

Allzu viel Herzklopfen vermeidet der Rentner jedoch aus Gesundheitsgründen. Deshalb hat er auch die bekanntere Spielart des königlichen Spiels aufgegeben: „Beim Nahschach ärgert man sich furchtbar“, erklärt Wolfenter, der auch Mitglied im Schach-Club Sillenbuch ist.

Ein Fulltime-Job

Angefangen hat der gebürtige Ulmer allerdings mit der Version, bei der sich die Strategiesportler gegenübersitzen: Mit 14 Jahren hat ihm sein Cousin das Schachspiel beigebracht, mit einem Nachbarn spielte er „Tausende Partien“. In der Annahme, sie hätten es drauf, traten die beiden in einen Schachclub ein: „Wir haben alles verloren“, erinnert sich Wolfenter.

Dennoch blieb er dem Spiel treu und entdeckte mit Mitte 20 das Fernschach für sich, das seither eine bedeutende Rolle in seinem Leben spielt: „Frisch verheiratet war es etwas weniger“, sagt der zweifache Vater und vierfache Großvater und lacht. Aber inzwischen sei Schach für ihn „ein Fulltime-Job“, wie er sagt. Wenn er einen falschen Zug gemacht hat, beschäftige ihn das schwer, Schach koste viel Kraft. „Aber“, schwärmt der Mann mit dem Titel „Verdienter internationaler Fernschachmeister“, „es deckt auch alle Bedürfnisse“, denn es vereine Sport, Kunst und Wissenschaft. Und bei all seiner Bescheidenheit gibt Friedrich Wolfenter zu: „Wenn man auf hoher Ebene spielt, ist es eine Genugtuung, andere zu besiegen.“ Großmeister zu werden, schaffe er in seinem Alter nicht mehr. Aber den einen oder anderen König frisst der Wolf sicherlich noch.