Bundespräsident Wulff hat heute in einer Ansprache seinen Rücktritt erklärt. Bundeskanzlerin Angela Merkel respektiert und bedauert diesen Schritt.

Berlin - Bundespräsident Christian Wulff hat nach nur 598 Tagen im Amt seinen Rücktritt erklärt. Der 52-Jährige begründete dies am Freitag in Berlin damit, dass er seine Aufgaben wegen der Vorwürfe gegen ihn „nach innen und außen“ nicht mehr richtig wahrnehmen könne. Seine Wirkungsmöglichkeiten seien „nachhaltig beeinträchtigt“. Der Bundespräsident müsse jedoch vom Vertrauen „nicht nur einer Mehrheit, sondern einer breiten Mehrheit der Bürger“ getragen werden.

 

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will bei der Auswahl eines Nachfolgers auf SPD und Grüne zugehen. „Wir wollen Gespräche führen mit dem Ziel, in dieser Situation einen gemeinsamen Kandidaten für die Wahl des nächsten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland vorschlagen zu können“, sagte sie am Freitag im Kanzleramt. Sie habe Wulffs Entscheidung mit größtem Respekt und auch ganz persönlich mit tiefem Bedauern zur Kenntnis genommen. Wulff habe sich für ein modernes, offenes Deutschland eingesetzt. Er habe deutlich gemacht, dass die Stärke des Landes in seiner Vielfalt liege. „Er und seine Frau Bettina haben dieses Land, die Bundesrepublik Deutschland, im In- und Ausland würdig vertreten“, sagte Merkel.

Stärkung des Rechtsstaates

Die Kanzlerin betonte außerdem, dass es tatsächlich eine Stärke des Rechtsstaates sei, „dass er jeden gleich behandelt, welche Stellung auch immer er einnimmt“. Mit seinem Rücktritt stelle Wulff auch seine Überzeugung, rechtlich korrekt gehandelt zu haben, hinter das Amt zurück, und hinter Dienst an den Menschen. „Ich zolle dieser Haltung ausdrücklich meinen Respekt.“

Bis zur Wahl eines neuen Staatsoberhaupts nimmt nun der amtierende Präsident des Bundesrats, Bayerns Regierungschef Horst Seehofer, die Aufgaben wahr. Die schwarz-gelbe Koalition will rasch über die Nachfolge entscheiden. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) darüber an diesem Samstag mit CSU-Chef Seehofer und dem FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler in Berlin beraten.

Von seiner Frau begleitet

Wulff gab seinen Rücktritt in einer persönlichen Erklärung bekannt, zu der er kurzfristig in seinen Amtssitz Schloss Bellevue geladen hatte. Begleitet wurde er von seiner Frau Bettina, bei der er sich ausdrücklich bedankte.

Der bisherige Präsident äußerte sich überzeugt, dass die juristischen Ermittlungen gegen ihn zu einer „vollständigen Entlastung“ führen werden. „Ich habe mich in meinen Ämtern stets rechtlich korrekt verhalten. Ich habe Fehler gemacht. Aber ich war immer aufrichtig.“ Die Berichterstattung der vergangenen Wochen habe ihn und seine Frau „verletzt“.

Wulff stand seit Mitte Dezember massiv unter Druck. Zunächst ging es um einen günstigen Kredit, den der frühere niedersächsische Ministerpräsident für sein Eigenheim erhalten hatte. Dann musste er sich gegen verschiedene Vorwürfe wehren, Kontakte zu Unternehmern für private Vorteile genutzt zu haben. Auslöser für den Rücktritt war schließlich die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Hannover, beim Bundestag die Aufhebung seiner Immunität zu beantragen, um Ermittlungen gegen das Staatsoberhaupt einleiten zu können.