Das Henkersfest auf dem Wilhelmsplatz in Stuttgart-Mitte zieht jedes Jahr die Massen an. Von Mittwoch an spielen dort zehn Bands, die Veranstalter erwarten 40 000 Gäste.

S-Mitte -

 

Wo vor etwas mehr als 200 Jahren noch die Köpfe gerollt sind, werden sie heute geschüttelt: das Henkersfest auf dem Wilhelmsplatz ist inzwischen zu einer bekannten Größe der Open-Air-Festivals geworden. In diesem Jahr werden zehn Bands und über 40 000 Zuschauer erwartet.

„Kochkraft“ spielen die Neue Deutsche Kelle. Das ist wie die Deutsche Welle, nur in noch uncooler. Selbstironisch nimmt sich die Band aus Nordrhein-Westfalen schon im Programmheft auf die Schippe. Alles muss, nichts kann, sagen sie. „Kochkraft“ sind am Mittwoch, 26. Juli, 18 Uhr der „Opening-Act“ des diesjährigen Henkersfestes in Stuttgart. Bereits zum 23. Mal geben sich Bands aus der Region und dem ganzen Land hier vier Tage lang das Mikro in die Hand. Das Line up ist so unterschiedlich wie die Musikrichtungen. „Juri“aus Köln bestechen mit deutschsprachigem Neo-Pop, der mal nach geschmeidigen Briten in Röhrenjeans oder hippen Indie-Berlinern klingt – teilweise mit stechend scharfen Texten, mit denen die netten Jungs, die „man schon mal gutmütig fragt, ob sie einem für ein paar Euro den Rasen mähen könnten“, wie es auf ihrer Website heißt, die Zuhörer überraschen – zu hören am Donnerstag, 20.30 Uhr.

Gleich richtig losgelegt

Gefühlvoller und weicher sind die Songs des Stuttgarters „Kasparr“, der am Freitag um 17 Uhr auftritt. Er lebt und arbeitet in der Landeshauptstadt als selbstständiger Musikproduzent, Songwriter und DJ und erzählt in seinen Liedern vom Tanzen, dem blitzblauen Himmel und Honig. Womit wir wieder bei Kochkraft wären: die hatten, als sie sich im Jahr 2014 das erste Mal im Studio trafen „keinen Bock auf Kinderkrankheiten kleiner Bands“. Soll heißen: „Kochkraft durch KMA“ wie sie sich offiziell nennen, haben gleich richtig losgelegt, kräftig gerührt und geschüttelt, ihre Neue Deutsche Kelle mit gelungenen Auftritten, Musikvideos und einigen Releases poliert. In ihren Songs erzählen sie teils ganze, teils zerstückelte, auf mehrere Stücke verteilte Geschichten, zwischen „gesitteter Erzählung und ungehobelten Beschwerden, zwischen platt und Plagiat“.

Aber nicht nur Kochkraft, Kasparr und Juri werden vom 26. bis zum 29. Juli auf dem Wilhelmsplatz auf der Bühne stehen: Das Henkersfest ist inzwischen so beliebt, dass es jährlich etwa 40 000 Zuschauer und dieses Jahr zehn Bands und Künstler ins Stuttgarter Zentrum zieht. Natürlich werden den Besuchern des viertägigen Festivals mit dem etwas makabren Namen, der noch aus dem Mittelalter stammt, als die Henker auf dem Wilhelmsplatz ihr Tagwerk verrichteten, nicht nur musikalische Köstlichkeiten serviert. Rund um das Festivalgelände sind Pavillons aufgebaut, die die Kulinarik des Open-Air-Highlights sichern. Egal ob ein großes Barbecue, italienische Spezialitäten, Flammkuchen oder Asian Food - jeder Henkersfest-Fan kommt auf seine Kosten.

Vor über 20 Jahren ins Leben

Organisiert hat das „Henkersfest“ auch in diesem Jahr die Stuttgarter Musikinitiative Rock. Der gemeinnützige Verein, der 1978 gegründet worden ist und sich seitdem für Musikerinnen und Musiker, sowie die Kultur der Live-Musik in Stuttgart und der Region einsetzt, war sofort mit von der Partie, als Gastronomen die Open-Air-Party vor über 20 Jahren ins Leben gerufen haben.

Programmatisch und kulinarisch betrachtet ist also schon alles organisiert. Bleibt nur noch zu hoffen, dass es auch sonst ein trockenes Vergnügen bleibt und der Regen der erfahrungsgemäß grandiosen Stimmung kein Schnippchen schlägt.