Ein 40-jähriger Tunesier ist in Berlin unter dem Verdacht festgenommen worden, er habe zum mutmaßlichen Berliner Attentäter Anis Amri Kontakt gehabt.

Berlin - Gut eine Woche nach dem Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt hat die Bundesanwaltschaft einen möglichen Kontaktmann des mutmaßlichen Attentäters Anis Amri vorläufig festnehmen lassen. Die Telefonnummer des 40-jährigen Tunesiers fand sich auf dem sichergestellten Handy Amris, wie die Karlsruher Behörde am Mittwoch mitteilte. „Die weiteren Ermittlungen deuten darauf hin, dass er in den Anschlag eingebunden gewesen sein könnte“, erklärte die Bundesanwaltschaft. Bis zum Donnerstag werde nun geprüft, ob Haftbefehl gegen den 40-Jährigen beantragt werde.

 

Einem Sprecher der Bundesanwaltschaft zufolge wurde der Mann in Berlin festgenommen. Auch dessen Wohn- und Geschäftsräume wurden durchsucht. Zuerst hatte „Spiegel Online“ darüber berichtet. Demnach liegen die Räume im südlichen Stadtteil Tempelhof.

Flucht über die Niederlande?

Parallel prüfen die Ermittler, ob Amri bei seiner Flucht auch durch die Niederlande reiste. Im Rucksack des am Freitag in Italien erschossenen Tunesiers wurde eine niederländische Sim-Karte gefunden, wie die Deutsche Presse-Agentur von Ermittlern in Mailand erfuhr.

Amri war den bisherigen Ermittlungen zufolge am Montag vor Weihnachten mit einem Lastwagen über den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche im Herzen Berlins gefahren. Zwölf Menschen starben, 55 wurden verletzt. Der polnische Lkw-Fahrer wurde tot auf dem Beifahrersitz gefunden.

Vier Tage nach dem Anschlag hatten italienische Polizisten den tatverdächtigen Tunesier Freitagnacht in Sesto San Giovanni nördlich von Mailand erschossen, nachdem dieser bei einer Personenkontrolle das Feuer auf die Beamten eröffnet hatte.

Französische Medien berichteten, dass Amri per Fernbus aus den Niederlanden ins ostfranzösische Lyon gereist sei, bevor er von dort nach Italien fuhr. Eine Bestätigung dafür gab es zunächst nicht. Die niederländische Staatsanwaltschaft prüfe Hinweise darauf, dass Amri über die Niederlande geflüchtet sein könnte, sagte Sprecher Wim de Bruin. Die deutsche Bundesanwaltschaft äußerte sich dazu auf Anfrage zunächst nicht.

Pariser Staatsanwaltschaft äußert sich bisher nicht

Nach Angaben italienischer Ermittler gibt es noch keinen Beweis dafür, dass Amri auf seiner Flucht auch Halt in den Niederlanden gemacht hat. Er könnte auch auf andere Weise an die bei ihm gefundene Sim-Karte gekommen sein. Die italienische Zeitung „La Repubblica“ schrieb, die Karte stamme aus einem Bestand an Sim-Karten, die zwischen dem 20. und 22. Dezember in den niederländischen Städten Zwolle, Breda und Nimwegen gratis in Kaufhäusern verteilt wurden.

Die französischen TV-Sender TF1/LCI und BFMTV berichteten am Mittwoch ohne Angabe klarer Quellen, Amri sei per Fernbus von Nimwegen nahe der deutschen Grenze nach Lyon gelangt. Er sei in der Nacht vom 21. auf den 22. Dezember gereist, meldete die französische Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Ermittlerkreise. Die in Frankreich für Anti-Terror-Ermittlungen zuständige Pariser Staatsanwaltschaft äußerte sich auf dpa-Anfrage zunächst nicht zu den Berichten und begründete dies mit der Zusammenarbeit mit Behörden in anderen Ländern.

Amris Leiche befindet sich italienischen Ermittlern zufolge nach wie vor in der Gerichtsmedizin in Mailand, da die Obduktion noch nicht abgeschlossen ist. In Rom soll in den kommenden Tagen geklärt werden, ob Amri mit derselben Waffe auf die Polizisten in Mailand schoss, mit der auch der polnische Lastwagenfahrer bei dem Terroranschlag am Berliner Breitscheidplatz getötet wurde. Dafür soll eine Kopie des Projektils von Deutschland nach Italien geschickt worden sein. Deutsche Ermittler befänden sich derzeit nicht im Land, hieß es in Mailand.

Noch immer ist unklar, warum sich Amri nach Italien absetzte. Die Behörden prüfen derzeit, ob der 24-Jährige im Land Unterstützer hatte. Er war 2011 als Flüchtling nach Italien gekommen, wurde zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt und verbüßte diese in verschiedenen Gefängnissen.