Der Landesbranddirektor Hermann Schröder stellt fest, dass es häufig in Wohngegenden brennt, die ein schwieriges soziales Umfeld haben. Vermieter sind in der Pflicht, für sichere Verhältnisse zu sorgen, meint der Experte.

Lokales: Christine Bilger (ceb)
Backnang – Nach dem Brand wird viel über die Ursachen spekuliert, ein technischer Defekt in dem Altbau gilt als wahrscheinlich. Der Fall führt zudem vor Augen, dass Rauchmelder Leben retten können, wenn ein Feuer ausbricht, während Bewohner schlafen. In Neubauten sollen sie bald Pflicht werden.
Herr Schröder, die Familie erhebt nach dem Tod von acht Menschen schwere Vorwürfe: die Elektrik im Haus sei vernachlässigt gewesen. Hört die Feuerwehr das häufig?
Solche Beschwerden kommen in aller Regel nicht bei der Feuerwehr an. Aber es ist richtig, dass je älter Häuser sind und je älter die elektrischen Anlagen, desto mehr Probleme und Risiken bergen diese in sich.

Nun leben in älteren, sanierungsbedürftigen Gebäuden häufig Menschen, die nur wenig Miete bezahlen können. Sind Sicherheit und Brandschutz auch eine Frage des Geldes?
Es brennt häufig in Gebäuden, die in einem sozial schwierigen Umfeld liegen. Das hängt sicher auch mit den baulichen Gegebenheiten zusammen. Entscheidend ist aber auch das Verhalten der Bewohner und deren Möglichkeit, elektrische Geräte in Stand zu halten und zu erneuern.

Wer ist in der Pflicht, Leitungen und Installationen in Schuss zu halten?
Das ist natürlich der Eigentümer, der dafür Sorge tragen muss, dass seine Mieter in ordentlichen Verhältnissen leben können.

Was kann die Politik tun, damit alle dieser Verantwortung nachkommen?
Es ist immer wieder die Frage, inwieweit man von Seiten der Politik in die Selbstverwaltung eingreifen soll. Beim vorbeugenden Brandschutz gehen wir davon aus, dass die Vorschriften dazu dienen, die Gemeinschaft der Mieter zu schützen. Was in der Wohnung passiert, ist Sache des Einzelnen.

Wo kann sich ein Mieter Hilfe holen, wenn der Vermieter Mängel nicht behebt – so lautet ja auch der Vorwurf der Familie, die acht Verwandte verloren hat?
Zunächst wendet man sich an den Vermieter. Man kann sich natürlich vom Mieterschutzbund oder einem Rechtsanwalt beraten lassen. Aber da stellt sich natürlich auch wieder die Frage nach den finanziellen Möglichkeiten. Wer wenig Geld hat, hat vielleicht auch dafür keines übrig.

Ist das Feuer in Backnang ein Fall, in dem Rauchmelder Leben hätten retten können?
Wenn sich bewahrheitet, was ich am Sonntag als ersten Eindruck wahrgenommen haben, dann haben die Menschen den Brand im Schlaf nicht oder zu spät bemerkt und sind an den Rauchgasen verstorben. Hätte ein Warnmelder sie geweckt, sie hätten vielleicht rechtzeitig das Haus verlassen können.

Sie waren am Sonntag in Backnang: Wie beurteilen Sie die Fluchtwege?
Die Rettungswegesituation war nach meinem ersten Eindruck in Ordnung. Man hätte sich ins Freie retten können – wenn man den Brand rechtzeitig bemerkt hätte.

Der Einsatz ist auch für die Feuerwehr eine schwere Belastung. Wie geht man damit um?
Für Wehrleute, die dort im Einsatz waren, wird nichts mehr sein, wie es vorher war. Die Eindrücke von dem Brand bleiben. Wir bieten psychologische Betreuung an.

War die Anspannung in Backnang besonders hoch, weil eine Zeit lang auch die Vermutung im Raum stand, es könnte einen fremdenfeindlichen Hintergrund geben?
Ich habe mit Angehörigen und Bekannten der Opfer gesprochen. Sie hatten viele Fragen, was bei dem Brand passiert sein konnte oder zum Vorgehen der Feuerwehr. Von Vermutungen über Fremdenfeindlichkeit habe ich nichts gehört.