Bislang arbeiten 98 Prozent der Feuerwehrleute in Baden-Württemberg ehrenamtlich. In größeren Kommunen führt das aber immer häufiger zu Problemen.

Böblingen - Wenn in Baden-Württemberg der Feueralarm losgeht, sind es bislang weitgehend Freiwillige, die zum Löschen anrücken. Sie lassen in der Fabrik, im Büro oder in der Werkstatt alles stehen und liegen, um Brände zu bekämpfen oder bei anderen Notfällen zu helfen. Doch das könnte sich bald ändern: „Bei Kommunen mit mehr als 40 000 Einwohnern ist es nur eine Frage der Zeit, bis die freiwillige Feuerwehr vor allem tagsüber durch Hauptamtliche unterstützt werden muss“, sagte Frank Knödler, der Präsident des baden-württembergischen Landesfeuerwehrverbandes, am Wochenende in Böblingen. Dort hatten sich Hunderte von Feuerwehrleuten zur jährlichen Verbandsversammlung und zu einem Leistungswettbewerb getroffen.

 

Der baden-württembergische Innenminister Reinhold Gall (SPD) wollte sich nicht auf eine bestimmte Einwohnerzahl als Grenze festlegen. Doch auch er sagte, dass „die Bildung hauptamtlicher Einsatzabteilungen in Kommunen mit einer bestimmten Größe auf die Tagesordnung gehoben und diskutiert werden“ müsse.

Frist von zehn Minuten ist tagsüber schwer zu schaffen

Kritisch wird es vor allem dann, wenn es tagsüber brennt. Denn viele freiwilligen Feuerwehrleute engagieren sich zwar an ihrem Heimatort, arbeiten aber auswärts. Wenn ein Alarm eingeht, muss der erste Löschzug jedoch innerhalb von zehn Minuten am Einsatzort sein. Für freiwillige Feuerwehrleute, die in der Nachbarstadt arbeiten, ist das nicht zu schaffen.

Auch der demografische Wandel setzt der freiwilligen Feuerwehr zu. „In den nächsten 10 bis 15 Jahren werden sehr viele Aktive aus dem Dienst ausscheiden“, sagt Gerd Zimmermann, der Pressesprecher der Böblinger Feuerwehr. „Wenn ein Feuerwehrkommandant den Eindruck hat, dass die vorgeschriebene Hilfsfrist nicht erreicht wird, muss er handeln“ – also auf die Kommune zugehen. Denn Aufstellung und Ausrüstung der Feuerwehr ist eine kommunale Aufgabe. Bislang ist in Baden-Württemberg eine Berufsfeuerwehr nur in Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern vorgeschrieben, neben Stuttgart trifft das auf sieben andere Städte im Land zu. Doch auch dort werden die Hauptamtlichen von Freiwilligen unterstützt.

Auf Kommunen könnten Mehrbelastungen zukommen

In Kommunen mit einer Einwohnerzahl zwischen 40 000 und 100 000 Einwohnern könnten hauptamtliche Feuerwehrleute künftig die besonders kritischen Zeiten abdecken. Wenn die Prognose des Verbandspräsidenten Frank Knödler eintrifft, würde das beispielsweise im Kreis Böblingen für die Kommunen Sindelfingen (61 000 Einwohner), Böblingen (46 000 Einwohner) und Leonberg (45 000 Einwohner) gelten. Für die Städte würde das höhere Kosten mit sich bringen.

Zwar sind in den größeren Kommunen heute schon Hauptamtliche angestellt, die die freiwilligen Kollegen unterstützen, doch um tagsüber eine komplette Einsatzabteilung mit mindestens neun Feuerwehrleuten auf die Beine zu stellen, müsste man aufgrund des nötigen Puffers für Urlaube, Krankheiten und Fortbildungen etwa doppelt so viele Rettungskräfte einstellen, kalkuliert der Böblinger Pressesprecher Gerd Zimmermann. Knödler geht von Personalkosten in Höhe von 55 000 Euro je Feuerwehrmann aus. Falls man nur die kritischen Einsatzzeiten am Tag mit Hauptamtlichen überbrücken und abends sowie nachts weiterhin vor allem auf Freiwillige zurückgreifen würde, müssten die betroffenen Städte mit knapp einer Million Euro im Jahr rechnen.