Beim Deutschland-Vergleich der Städte bis 50 000 Einwohner des Fahrrad-Clubs ADFC kann Filderstadt punkten. Leinfelden-Echterdingen ist weit abgeschlagen. Dort fehlen an vielen Stellen sogar noch Wegweiser mit Kilometerangaben.

Filder - Geografisch gesehen sind die Großen Kreisstädte Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen Nachbarn. Doch im Ranking des Fahrradklimatests 2016, der jetzt vorliegt, trennen die beiden Kommunen sage und schreibe 196 Plätze. Filderstadt liegt bundesweit auf dem 21. Platz von 364 Städten in der Kategorie bis 50 000 Einwohner und Leinfelden-Echterdingen auf dem 217. Platz. Das hat der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) herausgefunden. Am Fahrradklimatest haben sich bundesweit 120 000 Menschen beteiligt, die mehr als 500 Städte bewertet haben. Nach der Auswertung der 27 Kriterien hat Filderstadt die Note 2,9 nach dem Schulnotenprinzip bekommen und Leinfelden-Echterdingen eine 3,87.

 

Die größten Stärken bei Filderstadt sind nach der Umfrage die Werbung fürs Radfahren, gute Wegweiser und die gute Erreichbarkeit der Stadtzentren. Als Schwächen werden die seltene Falschparkerkontrolle auf Radwegen, schlechte Ampelschaltungen für Radler und die wenig attraktive Radmitnahme in öffentlichen Verkehrsmitteln gesehen. In der Nachbarstadt L.-E. gelten die gute Erreichbarkeit des Stadtzentrums, die zügige Erreichbarkeit anderer Ziele mit dem Rad, und dass Radfahren dort Spaß macht. Als negativ haben die Befragten angegeben, dass es kein Angebot von Leihrädern gibt, eine schlechte Führung an Baustellen und schlechte Ampelschaltungen für Radler.

L.-E. hat in diesem Bereich noch gar nicht begonnen

Leinfelden-Echterdingens Baubürgermeisterin Eva Noller sieht die Nachbarstädte unterschiedlich aufgestellt: „Filderstadt betreibt seit 20 Jahren Radverkehrsförderung und wir erst im zweiten Jahr. Darum wundert mich der Unterschied nicht.“ Von daher sei das Radeln in der Öffentlichkeitsarbeit anders vertreten als in L.-E. Das habe auch mit der Person des Radbeauftragter Jürgen Lenz im Rathaus zu tun. „Filderstadt bietet sogar Radfahrunterricht für spezielle Zielgruppen. Die Stadt agiert da fantasievoll und unkonventionell.“ In diesem Bereich habe L.-E. noch gar nicht mit der Arbeit begonnen.

Und doch sieht Noller ihre Stadt auf einem guten Weg. „Bei der Radsternfahrt sind neulich 100 Leute vom Zeppelinplatz losgefahren. Im vergangenen Jahr waren es nur 25.“ Außerdem beteiligt sich L.-E. zum zweiten Mal beim Stadtradeln. Dabei lassen Leute ihr Auto stehen und fahren stattdessen Rad.

Noller berichtet, dass die Stadt einiges getan hat, um das Klima für Radfahrer zu verbessern. „Wir haben einiges im Bereich der Hardware getan. Dazu haben wir Radboxen an den S-Bahnhöfen aufgestellt und den Radweg zwischen Echterdingen und Stetten erneuert und ihn auch beleuchtet.“ In diesem Jahr soll die Radwege-Infrastruktur noch verbessert werden. „Es soll am früheren Georgii-Kobold-Areal ein Radweg gebaut werden, der Teil der Hauptroute von Leinfelden nach Stuttgart wird.“

Konzept vor der Sommerpause dem Gemeinderat vorlegen

Ansonsten ist das Mobilitätskonzept der Stadt „kurz vor der Zielgerade. Wir werden es noch vor der Sommerpause dem Gemeinderat vorlegen“, kündigt Noller an. Dieses umfasst Verbesserungen für praktisch alle Verkehrsmittel. Sie nennt einige für den Radverkehr: „Wir wollen die Abstellanlagen verbessern. Vor dem Rathaus in Leinfelden gibt es zum Beispiel nur fünf Plätze und die reichen nicht.“ Außerdem sollen Schutzstreifen für Radfahrer wie auf der Stuttgarter Straße vermehrt eingerichtet werden.

Reinhard Molt, der Baubürgermeister von Filderstadt, freut sich über den guten Platz im Ranking. „Wir sind Zweiter in Baden-Württemberg bei den Städten unserer Größenordnung. Das heißt aber nicht, dass wir uns darauf ausruhen. Es ist ein Ansporn für uns, so weiter zu machen.“

Anna Hussinger, die Leiterin der Geschäftsstelle der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen (AGFK), freut sich, dass Filderstadt so gut abgeschnitten hat. „Das ist das beste Ergebnis unserer Mitgliedskommunen“, sagt sie. In dem Verein haben sich 64 Kommunen zusammengeschlossen, die den Radverkehr fördern. L.-E. gehört nicht dazu.

Die Beschilderung ist verbesserungswürdig

Hussinger selbst lebt in Oberaichen und vermisst in der Stadt vor allem eine gute Beschilderung. „Die Schrift auf den Wegweisern ist so klein, dass sich die nicht vom Rad aus bei normaler Geschwindigkeit lesen lässt“, sagt sie. Im Herbst 2016 hatten sich die Stadträte gegen eine neue Beschilderung mit Kilometerangaben ausgesprochen. „Das hat mich sehr überrascht. Denn eine Beschilderung ist kein Luxusprojekt, sondern ein Standard.“

So, wie es ja auch Wegweiser für Autofahrer am Straßenrand gibt. „Die Schilder für Radfahrer würden ja auch zeigen, dass die Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind.“ Hussinger vermisst beim Radeln in L.-E. auch oft Wegweiser nach Filderstadt. Einige Räte von L.-E. hatten im Herbst argumentiert, dass fast jeder Radfahrer ein Navigationssystem nutze. „Das stimmt aber nicht. Und wenn, dann würden sie Wege nutzen, die sie mit dem Auto gewohnt sind und die nicht unbedingt für Radfahrer sicher und geeignet sind.“

Bürgermeisterin Noller kennt das Problem: „Die Beschilderung für Fahrradfahrer ist bei uns mangelhaft“, sagt sie. Dabei sei die auch aus ihrer Sicht ganz wichtig.