Gabriele Wickenhäuser fühlt sich als Rechtsphilosophin für ihr neues Ehrenamt gut gerüstet.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Stuttgart - Für Gabriele Wickenhäuser ist es ein Spiel. Aber eins, bei dem es um viel geht und das einen ernsten Hintergrund hat. Die 53-Jährige darf sich seit Kurzem Multiplikatorin nennen, so wie 14 andere Stuttgarter, welche die Schulung bei der Volkshochschule absolviert haben. Ihre Aufgabe ist es, den Menschen in Stuttgart – genauer gesagt in den Stadtbezirken Vaihingen, Möhringen und Süd, die Spielregeln für den Bürgerhaushalt zu erklären. Denn zum zweiten Mal sind die Stuttgarter aufgerufen, Vorschläge zu machen, wofür die Stadt in den kommenden Jahren Geld ausgeben soll und wo sie sparen könnte.

 

Für Gabriele Wickenhäuser ist das „echte Bürgerbeteiligung“, ohne die es keine „richtige Demokratie“ gebe. Doch viele Menschen hätten noch gar nicht realisiert, welche Chancen der Bürgerhaushalt biete. Das möchte Wickenhäuser erklären und kommunizieren. „Denn nur wenn man das Spiel kennt, kann man es gut spielen“, sagt die gebürtige Kaltentalerin.

Ihre bildliche Sprache ist kein Zufall. Denn die 53-Jährige nennt sich selbst Rechtsphilosophin. Bis 2006 hat sie an der Uni Tübingen Philosophie und Rechtswissenschaft studiert. Die Fächerkombination sei für ihr jetziges Ehrenamt als Multiplikatorin wie geschaffen, sagt Wickenhäuser. Denn sie habe gelernt, „blumige Vorstellungen“ in „klare Worte“ zu fassen. Und genau das gebe sie nun an die Menschen auf den Fildern weiter. Denn ihre Aufgabe sei es auch, beim Ausfüllen des Formulars zu helfen, auf dem man seine Wünsche für den Bürgerhaushalt notieren kann.

Zur Sprechstunde kam niemand

Beim ersten Bürgerhaushalt vor zwei Jahren hatte sich Wickenhäuser beteiligt – als Bürgerin. „Ich habe beantragt, flächendeckend Stellen für Schuldnerberater zu schaffen“, sagt die 53-Jährige. Doch Wickenhäuser war mit ihrem Vorschlag spät dran. Folglich sei er schlecht bewertet worden, sagt die Multiplikatorin. Damals habe sie auch den Newsletter abonniert. So sei sie an die Information gekommen, das für den Bürgerhaushalt 2014/ 2015 Multiplikatoren gesucht werden. Und für sie sei sofort klar gewesen, dass sie da mitmachen wolle.

Gabriele Wickenhäuser sieht sich selbst als Erfüllungsgehilfin. Die Verantwortung liege bei den Bezirksvorstehern. Dort sollen ihrer Meinung nach die Fäden zusammenlaufen. Darum möchte Wickenhäuser von sich weder eine Telefonnummer noch eine Mail-Adresse veröffentlichen. Das ergebe aus ihrer Sicht keinen Sinn, denn ihr Ehrenamt ende schon bald, und spätestens dann müssten sämtliche Daten sowieso an die Bezirksvorsteher übergeben werden.

Doch Wickenhäuser will auf Infoveranstaltungen präsent sein. Am Dienstag hatte sie zu einer Sprechstunde ins Bezirksrathaus Möhringen eingeladen. Doch niemand kam. Für die 53-Jährige ist das nicht schlimm. „Es sollte ein Experiment sein“, sagt sie. Vielleicht sei das Bezirksrathaus nicht der richtige Rahmen für so eine Veranstaltung. „Es ist ein offizielles Gebäude und das schreckt sicher viele ab“, sagt Wickenhäuser. Dennoch will sie das Experiment heute noch einmal in Vaihingen wagen. Von 10 bis 12 Uhr steht sie im Bezirksrathaus am Rathausplatz 1 für alle zur Verfügung, die sich von ihr das „Spiel“ Bürgerhaushalt erklären lassen wollen.