Anja Schmauder der Rettungshundestaffel Filder und Umgebung aktiv. Gemeinsam hat sie mit ihrem Mischlingsrüden Leo eine vermisste Person gefunden.

Filderstadt - Alles begann bei einem Spaziergang am Uhlbergturm in Plattenhardt vor sechs Jahren. Zusammen mit ihrem Mischlingsrüden Leo traf Anja Schmauder eine Gruppe der Rettungshundestaffel Filder und Umgebung, die gerade ihr Training beendet hatte und kam mit ihnen ins Gespräch. „Wir sind dann eine Woche später ins Training gekommen und waren von da an dabei“, erzählt die 30-Jährige.

 

In den ersten beiden Jahren wurde Leo im Verein zum Rettungshund, seine Besitzerin zur Rettungshundeführerin ausgebildet. Immer mit dem Ziel, in reale Einsätze zu gehen und vermisste Personen zu suchen. Dabei lernen die Hunde, Menschen zu suchen und die Hundeführer, die Signale ihres Hundes zu deuten. Nach einer Reihe theoretischer und praktischer Prüfungen können die Teams dann in den Einsatz. „Es ist eine super Aufgabe für einen Hund“, sagt Schmauder, die trotz des großen Zeitaufwands ihr Hobby liebt. „Sobald ich Leo seine Kenndecke anziehe, springt er in der Wohnung rum wie ein Flummi“, sagt sie. Für sie ist die Kenndecke „Leos Superheldenkostüm“.

Leitstellen fordern Suchteams an

Mittlerweile haben die beiden als Team 13 Einsätze mitgemacht. Der Ablauf dabei ist immer der gleiche. Eine Person – oft ein demenziell veränderter, älterer Mensch oder ein Suizidgefährdeter – wird der Polizei als vermisst gemeldet. Wenn deren Suche nicht erfolgreich ist, oder das Gebiet, in dem die Person verschwunden ist, zu groß ist, werden die Rettungshundestaffeln im Umkreis alarmiert. Die Leitstellen fordern dann Teams zur Suche an, die sich vor Ort absprechen und Gebiete zur Suche aufteilen. „99 von 100 Suchen gehen leer aus“, erklärt Schmauder. Das könne unter anderem daran liegen, dass die Vermissten doch wieder nach Hause finden, oder die Polizei sie aufgreift.

Anfang November 2015 wurde die Staffel des BRH Filder und Umgebung, deren Sitz in Bonlanden ist, wieder zu einem Einsatz gerufen. „Gegen 16.30 Uhr ging der Alarm ein“, erinnert sich Anja Schmauder. Beim Einsatzort, einem Waldstück am Neckar in der Nähe des Max-Eyth-Sees angekommen, begann die 30-Jährige umgehend mit der Suche in dem Waldgebiet. „Wir waren schon auf dem Rückweg, als ich beschloss, Leo noch mal an der Ecke anzusetzen“, sagt Schmauder. Der Mischling durchkämmte das unwegsame Gelände an einem kleinen Hang, kehrte jedoch nicht zurück. Schon am Klingeln der Glocke, die an der Kenndecke befestigt ist, erkannte die erfahrene Hundeführerin, dass etwas nicht stimmte. „Als ich Leo sah, starrte er völlig irritiert in eine Hecke“, erzählt Schmauder und ergänzt „Ich hatte den Eindruck, er wollte mir sagen, ,Irgendwas stimmt nicht – erklär es mir‘“. Sein Verhalten sei insofern irritierend gewesen, da Leo normalerweise darauf trainiert werde, bei einem Fund zu bellen. Hier rührte sich der Rüde aber gar nicht.

Im Gebüsch lag eine Person

Mit der Taschenlampe leuchtete Schmauder in das Gestrüpp und realisierte zunächst nicht, was sie sah. „Ich glaube, so im Nachhinein, wollte ich es nicht wahrhaben“, sagt sie. Im Gebüsch lag tatsächlich eine Person. „Ich rief sofort nach meinen Suchgruppenhelfern, die keine Lebenszeichen mehr erfühlen konnten und sofort die Polizei per Funk verständigten“, erinnert sich Schmauder. Polizei und Rettungsdienst konnten die vermisste Person nur noch tot bergen.

Eine ungeübtere Hundeführerin hätte womöglich die Signale von Leo fehlinterpretiert. „Jeder Hund reagiert anders auf den Geruch von Tod“, erklärt Schmauder. Im Training wird ausschließlich die Suche von lebenden Vermissten geübt: „Schließlich ist die Suche und die Rettung von Vermissten das primäre Ziel der Ausbildung“, sagt die 30-Jährige.

Gespräche haben bei der Verarbeitung geholfen

Rückblickend versucht sich Anja Schmauder zu beruhigen. So tragisch der Fund für die Angehörigen sein muss, können sie so wenigstens einen Abschluss finden. Und ihr sei es lieber, sie – und nicht etwa ein spielendes Kind – finde einen Toten. Sie selbst habe den Fund relativ gut weggesteckt. „Keiner weiß, wie er in so einer Situation reagiert“, sagt sie.

Gespräche mit den Zugführern der Staffel und ihrem Lebensgefährten, der selbst auch einen Hund in der Rettungshundestaffel führt, hätten ihr dabei geholfen. „Für mich stand schnell fest: jetzt erst recht“, sagt Anja Schmauder. Deshalb möchte sie auch noch einige Jahre mit Leo, der inzwischen acht Jahre alt ist, zu Rettungshundeeinsätzen gehen.

Serie
Alle Jahre wieder stellt die Redaktion der Filder-Zeitung in dieser Serie ganz unterschiedliche Menschen vor, die in den zurückliegenden zwölf Monaten etwas Besonderes – sei es in positivem oder negativem Sinn – erlebt haben.