Der Auftakt zum Filderdialog rückt näher: Wer dabei ist, darüber soll teilweise das Los entscheiden – denn Ärger um die Teilnahme gab es bisher schon genug.

Stuttgart - Dass Stuttgart kein Ort wie jeder andere ist, um ein Bürgerbeteiligungsverfahrung zu veranstalten, war Ludwig Weitz natürlich bewusst, als er vor Wochen den Auftrag für den sogenannten Filderdialog angenommen hat. Zwischenzeitlich hat er das auch zu spüren bekommen. Normalerweise sei es meist schon schwierig, ausreichend Mitstreiter für eine solche Sache zu aktivieren, sagt der selbstständige Organisationsberater und Moderator aus Bonn, der sich schon seit 25 Jahren mit dem Thema Bürgerbeteiligung auseinandersetzt. „In Stuttgart musste niemand motiviert werden.“

 

In dem enormen Interesse der Bürger und Institutionen an allen Vorgängen, die mit dem Bahnprojekt Stuttgart 21 zu tun haben, sieht Weitz trotz aller Emotionen und gegenseitigen Vorhaltungen eine „positive Begleiterscheinung“. Interesse sei der Grundstein für ein gutes Ergebnis, denn dann seien die Menschen vorbereitet. Die Herausforderung auf den Fildern liege vor allem darin, so der Moderator, in dem Verfahren alle Sichtweisen und Interessen entsprechend ihrer Bedeutung in der Realität abzubilden.

Viele wollten in die Spurgruppe

Gelingen soll das mit Hilfe einer sogenannten Spurgruppe, die jetzt am Montag erstmals tagte. Sie soll den Filderdialog vorbereiten und dabei vor allem die grundsätzliche Vorgehensweise festlegen. Zu einem guten Teil bestimmt diese Vorbereitungsgruppe, in der jeweils fünf Vertreter der Projektpartner und betroffenen Kommunen sowie sechs Mitglieder von Initiativen vertreten sind, auch, wer am Filderdialog teilnimmt. Das Interesse, zur Spurgruppe zu gehören, sei bei allen Beteiligten enorm groß gewesen, sagt Weitz. Nicht jeder, der gerne wollte, sei aber zum Zug gekommen. Letztlich sei es dann akzeptiert worden, dass dieses Gremium zahlenmäßig begrenzt werden muss.

Die Auftaktveranstaltung zum Filderdialog ist auf den 25. Mai festgesetzt worden, zuvor müssen die Mitglieder der Spurgruppe unter anderem auch klären, inwieweit die Veranstaltung öffentlich und für alle offen ist. Als wahrscheinliche Variante gilt, die Teilnehmerzahl auf etwa 150 zu begrenzen. Ein Drittel bis die Hälfte der Teilnehmer soll laut Weitz nach dem Zufallsprinzip über die Einwohnermeldeämter der betroffenen Gemeinden und Stuttgarter Stadtteile ausgewählt werden. „Wir brauchen auch die Sichtweisen von Menschen, die sich heute noch nicht vorstellen können, an solch einem Verfahren teilzunehmen“, sagt Weitz. Gerade sie würden oft gut zwischen zugespitzten Meinungen moderieren, betont auch Gisela Erler, Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung. „Wir haben sehr gute Erfahrungen mit dem Zufallsprinzip gemacht.“

Als Ort schwebt dem Moderator die Filderhalle vor, wobei auch diese Entscheidung in der Spurgruppe fallen soll. Der Vorteil wäre, dass Interessierte vom Balkon aus zuhören könnten. Inwieweit es dabei Möglichkeiten geben wird, sich auch aktiv einzubringen, ist offen. „Wenn jemand unbedingt teilnehmen will, werden wir letztlich nicht Nein sagen“, betont Weitz.

Zentrale Frage bei allem organisatorischen Klärungsbedarf ist, inwieweit es tatsächlich noch Spielraum für eine andere Trassenführung zwischen Rohrer Kurve und Flughafen oder zumindest spürbare Änderungen auf den Fildern gibt. Kritiker werfen der Bahn vor, sich bereits auf ihre Antragstrasse, die wegen der teilweisen Nutzung der bestehenden S-Bahn-Strecke umstritten ist, festgelegt zu haben und nur eine Alibiveranstaltung durchzuführen. Dieser Einschätzung teilt Gisela Erler nicht. Sie habe deutliche Signale seitens der Bahn, dass es eine echte Dialogbereitschaft und auch Interesse an Verbesserungen gebe, betont die Staatsrätin.

Und auch Ludwig Weitz geht nach den Vorgesprächen mit den Bahn davon aus, dass es gewisse Spielräume gibt. „Für ein abgekartetes Spiel stehe ich nicht zur Verfügung“, betont er. Im Verfahren sei festgeschrieben, dass die Projektpartner nach Abschluss des Filderdialogs die Empfehlungen prüfen und begründete Antworten darauf geben müssen. Für die Akzeptanz des Projekts und spätere Beteiligungsverfahren wäre es die größte Katastrophe, so Weitz, „jetzt Erwartungen zu wecken, die später nicht eingehalten werden können“.