Die Landtags-SPD ist entsetzt über den Vorstoß von Winfried Hermann zur Fildertrasse. In der Koalition kracht es.

Stuttgart - Mit seinem Plädoyer für eine Alternativplanung auf den Fildern hat Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) einen handfesten Koalitionskrach ausgelöst. Nachdem Hermann in der Donnerstagausgabe der Stuttgarter Zeitung die Direktanbindung der Gäubahn an den Flughafen infrage gestellt hatte, meldete sich umgehend der Landtagsvizepräsident und frühere Projektsprecher von Stuttgart 21, Wolfgang Drexler, zu Wort, um den Minister an die aus seiner Sicht „wahre Position der Landesregierung“ zu erinnern. „Wir waren entsetzt, als wir das gelesen haben und sehen das komplett anders“, sagte Drexler gegenüber der StZ und betonte, dass er sowohl für die SPD-Landtagsfraktion als auch für den roten Teil der Landesregierung spreche.

 

Drexler: Unverrückbare Prämissen

„Wir stehen zur Direktanbindung der Gäubahn an den Flughafen. Sie ist Teil der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 21“, beschied der Genosse seinen grünen Kollegen. Gleichzeitig bekräftigte er, dass auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann keinerlei Zweifel daran lasse, „dass die Finanzierungsvereinbarung gilt“. Deswegen, so Drexler, zähle die Komplettanbindung des Flughafens an das Fernstreckennetz der Bahn auch im Blick auf den am 25. Mai beginnenden Filderdialog zu den unverrückbaren Prämissen.Hermann hatte dafür plädiert, in Stuttgart-Vaihingen eine Umsteigestation für jene Reisenden einzurichten, die vom Süden des Landes kommend zum Flughafen wollen. Diese müssten dann von Vaihingen aus die S-Bahn nutzen. Im Talkessel würde die bestehende Gäubahn unterirdisch in den Rosensteintunnel eingeschleift werden. Die Kosten dafür schätzt Hermann auf 120 bis 140 Millionen Euro. Das Einsparpotenzial, das sich auf den Fildern durch seine Variante ergäbe, schätzt Hermann aber höher ein. Sollte sein Vorschlag dennoch scheitern, müsse alles dafür getan werden, am Flughafen die Stationen von Fern- und S-Bahn zusammenzurücken. „Das ist das Mindeste, was beim Filderdialog herauskommen muss: ein besserer Bahnhof, der höher und parallel zur S-Bahn-Station liegt“, hatte Hermann gesagt.Wenigstens an diesem Punkt ist er sich einig mit Wolfgang Drexler. „Wir begrüßen es, dass der Verkehrsminister unseren Vorschlag aufnimmt und die beiden Bahnhöfe am Flughafen zusammenlegen will“, sagte der SPD-Mann am Donnerstag. Aber wenn dies geschehe, müssten auch die Passagiere aus dem Süden des Landes davon profitieren. „Die zentrale Umsteigestation darf nicht in Vaihingen sein“, sagte Drexler, „sondern sie ist am Flughafen.“

Fundel will einen direkten Anschluss

Das sieht auch die Geschäftsleitung der Flughafen GmbH so – und widerspricht damit auch ihrem Aufsichtsratsvorsitzenden, Verkehrsminister Winfried Hermann. „Wir wollen einen direkten Anschluss des Landesflughafens an den überregionalen Schienenverkehr“, erklärte der Flughafen-Geschäftsführer Georg Fundel auf Anfrage. Einzelne Varianten würden man im Vorfeld zum Filderdialog nicht diskutieren.

Genauso deutlich wird der Verbandsvorsitzende der Region Stuttgart, Thomas Bopp. Er habe sich sehr gewundert über den Vorstoß des Verkehrsministers, so Bopp. „Es kann nicht sein, dass von einem Teil der Landesregierung das aus ihrer Sicht beste Ergebnis vorweggenommen wird. Das ist nicht akzeptabel.“ Zudem könne er auch die Rechnung nicht nachvollziehen, nach der das mit dem Vorschlag verbundene Einsparpotenzial höher sein soll als die Kosten. Höchst problematisch sei außerdem, so Bopp, dass der Vorschlag im Talkessel mit der Einschleifung der Gäubahn durch den Rosensteintunnel in bereits planfestgestellte Abschnitte eingreife. „Damit würden wir die gesamte Diskussion wieder von vorne aufrollen.“

„Genügend Möglichkeiten“

Die Bahn selbst als Bauherrin von Stuttgart 21 will die Ausführungen des Verkehrsministers nicht weiter kommentieren. Beim Filderdialog gebe es genügend Möglichkeiten, so der Stuttgart-21-Sprecher Wolfgang Dietrich, um das Für und Wider der einzelnen Varianten zu diskutieren. Darauf verweist zudem auch die Landeshauptstadt Stuttgart, die ihre Haltung dazu bereits Ende April zusammen mit der Region in einem Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann kundgetan hat. „Soweit von Seiten des Landes der Eindruck erweckt wird, es gebe keine Tabus bei den zu diskutierenden Varianten und die Prämissen gehörten auf den Prüfstand, können wir dies nicht mittragen“ heißt es in dem Schreiben. Dies entspreche weder der Vertrags- noch der Rechtslage und sei von den Projektpartnern auch anders abgesprochen gewesen.