Dabei hat Ihnen, sagt man, Gary Cooper das Leben gerettet. Wie das?
Das war am Bug, damals die Demarkationslinie zwischen Russen und Deutschen. Am Grenztor kam ein Uniformträger auf mich zu wie der Schauspieler Peter van Eyck mit einem Maschinengewehr und fragte: „Jude, hast du Geld?“ Im Stiefel hatte ich zehn Golddollars. Ohne die konnte man von den Bauern nichts zu essen bekommen. „Wenn ich etwas finde, dann wirst du erschossen. Das weißt du.“ Da standen Leute vor dem Grenztor, vielleicht dreißig Männer, Frauen, Kinder. Ich habe kein Mitleid gesehen in ihren Augen. Da fiel mir eine Filmszene aus einem Western mit Gary Cooper ein, wo er einen Schurken ins Wasser gestoßen und einen anderen niedergeschlagen hat. Ich habe es genauso gemacht, einer fiel in den Fluss, und ich bin entkommen.

Wie konnten Sie 1946 nach Deutschland gehen, nachdem Sie das alles erlebt hatten?
Einige Tage vor Kriegsende hat die SS es nicht mehr geschafft, ein Massengrab zu scharren mit Hunderten von Opfern, und ich bin vorbeigezogen und hab hingeschaut. Ich war damals erschüttert, ich wusste nicht, ob ich sehe, ob ich träume, aber ich wusste, es ist die Wahrheit. Und da waren die Augen eines zehn- oder zwölfjährigen Jungen. Offene Augen, sie haben mich angeschaut. Tote Augen, ja? Diese Augen habe ich nie vergessen. Sie zeigten das Verlangen, nicht vergessen zu werden. Die einzige Möglichkeit war, Antinazifilme oder Filme aus dieser Zeit zu drehen. Ich habe 23 solcher Filme gemacht mit 13 Millionen Euro Verlust.

Warum drehten Sie als Jude deutsch-nationale Stoffe wie 1968 „Ein Kampf um Rom“?
Das ist ein deutsch-nationaler Stoff? Nicht bemerkt. Keine Ahnung, wo da irgendwelche deutsch-nationalen Sachen sein sollten. Ich habe auch die Nibelungen anders gemacht. Nicht so, wie sie waren. Ich wollte zeigen, dass auch in dieser Zeit Hass und Neid und Verrat gültig waren. Bei uns ist Hagen, der Böse, die Hauptfigur.

Wie macht man gute Unterhaltungsfilme?
Man muss ein gewisses Gefühl haben, Intuition. Dass die Distanz zwischen einem Höhepunkt und dem anderen richtig liegt, dass die Leute nicht anfangen, an etwas anderes zu denken. Die dürfen nur nichts verpassen wollen. Die Spannung bei einem Actionfilm muss von Anfang an bestehen. Bei einer Komödie müssen es die Dialoge sein.

Wie viele Karl-May-Filme haben Sie gemacht?
Sieben Stück. Die Orient-Filme, die Mexiko-Filme und zwei Winnetou-Filme.

Was war das Erfolgsrezept dieser Filme?
Die Bücher, die verschlungen worden sind. Von Klein und Groß. Ich habe schon mit sieben oder acht Jahren die Karl-May-Bücher gelesen. Er war in ganz Osteuropa genauso populär wie hier. Nicht in Westeuropa, komischerweise.

Bei Karl May spürt man das Überlegenheitsgefühl des Deutschen. Hat man das in Osteuropa nicht als befremdlich empfunden?
Nein, weil der Held fremde Namen trägt wie Old Shatterhand oder Kara ben Nemsi.

Könnte man heute noch einen Karl-May-Film drehen?
Sie wären dreimal so teuer wie damals. Es fehlen auch die Regisseure dafür. Harald Reinl oder Alfred Vohrer, die waren geeignet, weil sie mit dem Herzen dabei waren. Und zweitens, suchen Sie einen Winnetou! Sie könnten doch Winnetou spielen!

Haben Sie Lex Barker alias Old Shatterhand bewundert?
Er war ein netter Schauspieler. Das heißt, er wusste, er kommt in den USA nicht aus den B-Filmen raus. Hier hat er es geschafft. Er war auch als Mensch sehr sympathisch.