Der Berliner Regisseur Rosa von Praunheim hat einen Film über eine kämpferische Stuttgarterin gedreht: „Laura. Das Juwel von Stuttgart“. Er wird im Cinemaxx im Bosch-Areal gezeigt.

Kultur: Tim Schleider (schl)

Stuttgart - Wie alt ist Laura eigentlich? Diese Frage zieht sich wie ein roter Faden durch den Film, den der Berliner Regisseur Rosa von Praunheim über die Stuttgarter Gastronomin und umfassend gesellschaftlich Engagierte gedreht hat. Aber wen er auch fragt in der Stadt, die frühere Bürgermeisterin Gabriele Müller-Trimbusch, die Künstlerin Richild von Holtzbrinck oder den Hamburger Travestiestar Lilo Wanders, alle zucken nur mit den Schultern: keine Ahnung, Laura hat kein Alter. Und sie selbst sagt es auch unmissverständlich mit ihrem schön schwer postrumänisch rollenden „rrr“ (sie stammt ja aus Rumänien): „Älter werde ich nicht. Und wenn’s nötig wird, fälsche ich irgendwann auch meinen Ausweis.“

 

Mit den Spielfilmen und fiktiven Geschichten des nun auch schon über fünfzig Jahre kreativ wirbelnden Regisseurs Rosa von Praunheim mag man ja seine Probleme haben. Bei den filmischen Porträts läuft der Vorkämpfer der modernen deutschen Schwulenbewegung aber häufig zur großen Form auf. Jene Menschen, für deren Geschichte sich Rosa von Praunheim interessiert, bekommen vor seiner Kamera eine Aufmerksamkeit und ein Forum geschenkt, wie es ihnen dank ihrer Lebensgeschichichte eigentlich schon lang gebührt. Und Laura Halding-Hoppenheit ist solch ein Praunheim-Typ: seit Jahr und Tag – obwohl selbst versehen mit zwei Kindern und diversen Ehemännern – engagiert in der Schwulen- und Lesbenszene, in der Aids-Hilfe, in der CSD-Bewegung, für Zwangsprostituierte im Leonhards-Viertel, für Arme, neuerdings auch als Abgeordnete für die Linken im Stuttgarter Gemeinderat. Gabriele Müller-Trimbusch verrät dem Zuschauer: „Als ich in mein Amt kam, wusste ich erst gar nicht, wie das so geht. Dann kam Laura in mein Büro gestürmt, rief ihr berühmtes ,So geht das nicht, das ist Horrrrror!’, und dann war der Weg klar.“

Zum Schluss gibt es das Bundesverdienstkreuz

Laura (überall in der Stadt wird sie eigentlich nur beim Vornamen genannt) erzählt gern von ihrem Leben (am vergangenen Samstag tat sie es ja auch im StZ-Interview). Nun gehört es zum Stil Praunheims, dass er seine Figuren ungehindert erzählen lässt. Dies ist seine Art der Wertschätzung für Menschen, deren Leben und Schaffen in der Gesellschaft und von anderen Medien lange Zeit als randständig und bizarr verunglimpft und ausgegrenzt wurde. Praunheim rückt sie in seinen Filmen explizit ins Zentrum, beleuchtet sie festlich, erhöht sie. Deswegen ja auch der Filmtitel: „Laura. Das Juwel von Stuttgart“.

Dieser künstlerisch konsequente Zugriff verhindert zwar die auch mal forschenden, das sperrige Detail klärenden Nachfragen. Aber trotzdem bleibt das knapp einstündige Werk für Stuttgarter Betrachter sehr reizvoll: Das Leben schreibt doch ganz schön abenteuerliche Geschichten! Man muss nicht mit jeder Wertung, jedem Kommentar von Laura einverstanden sein. Aber Praunheims kleine Hommage zeigt klipp und klar, dass eine Stadt ohne unermüdlich wirkende Bürgerinnen wie beispielsweise diese ihre Seele verlieren würde. Zum Schluss des Filmes bekommt Laura im Neuen Schloss im Auftrag des Bundespräsidenten das Verdienstkreuz verliehen. Und der Zuschauer denkt: Recht so.

Laura. Das Juwel von Stuttgart. Filmporträt, Deutschland 2014. Regie: Rosa von Praunheim. 57 Minuten, ohne Altersbegrenzung. Der Film ist am 4., 5. und 7. Dezember jeweils um 19 Uhr im Cinemaxx im Bosch-Areal zu sehen.