Der Beliner Filmemacher Frank Farenski sendet aus Stuttgart. Sein Publikum darf Merkwürdigkeiten erwarten. Sein Film zur Energiewende bescherte Farenski Schlagzeilen, auch wenn nicht alle freundlich waren.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

S-Mitte - Roswitha ist live zugeschaltet aus einer Wohnung in Gütersloh. Sobald sie dort den Staubsauger einschaltet, passiert tatsächlich zweierlei. Erstens: Der Stromverbrauch steigt. Zweitens: Es wird so laut, dass Roswitha nichts anderes mehr hört als das Dröhnen ihres Saugers. Diese Erkenntnisse vermittelt der Filmemacher Frank Farenski. Dies nicht in Grundschulen, sondern in Übertragungen aus seinem Sendestudio. Eigentlich ist seine Botschaft ans Publikum ja auch nicht, dass Staubsauger stromfressende Krawallmaschinen sind. Seine Botschaft ist, dass die Energiewende viel günstiger wäre, würden offizielle Stellen sie befördern statt behindern.

 

Dies erklärt er live dem – spärlichen – Publikum in seinem kleinen Studio und ohne Sendeschluss per Übertragung via Internet. Wenn nötig, war Roswitha bisher von Gütersloh nach Berlin zugeschaltet. Künftig wird sie auch nach Stuttgart zugeschaltet. Vergangene Woche hat Farenski begonnen, zusätzlich aus einem hiesigen Studio zu senden, weil in Berlin die Politik sitzt, „aber im süddeutschen Raum sitzen die Macher“, sagt er. Passend zur Einweihung zeigt er seinen Film „Leben mit der Energiewende“, am Samstagabend. Für den Vormittag hat er sich zu einer Kundgebung auf dem Schlossplatz angekündigt, wo der Tatsache gedacht werden soll, dass in Stuttgart seit 50 Jahren Müll verbrannt wird.

„Militärsender für die Energiewende“

Gewissheit ist, dass die Stuttgarter von Farenski nicht nur Erkenntnisse erwarten dürfen, sondern auch Merkwürdigkeiten. Falls der Zweck die Mittel heiligt, heiligt womöglich die Energiewende den Namen seiner Sendestudios: Warroom, Kriegszimmer, was folgerichtig ist, denn seinen Sender nennt er den „Militärsender für die Energiewende“. Dass die Wortwahl den heiligen Krieg nahelegt, verhindert nicht, dass für ihren Schöpfer immer wieder Umweltorganisationen und Öko-Bürgerinitiativen Veranstaltungen organisierten, schon gar nicht, dass sich deren Vertreter im Warroom interviewen lassen.

Mutmaßung ist, dass die Entscheidung für Stuttgart nicht allein der Macher wegen befördert wurde. In Süddeutschland sitzt auch das Geld. Gewissheit ist wiederum, dass die Stuttgarter aus dem hiesigen Warroom mehr oder minder subtile Werbebotschaften erwarten dürfen.

Früher filmte Farenski freiberuflich für verschiedene Fernsehsender. Über die allerdings, so gibt er es gern zu Protokoll, hätte er niemals die volle Wahrheit zur Energiewende verbreiten dürfen. Also drehte er den Film „Leben mit der Energiewende“, Teil eins plus Teil zwei. Er gründete das „Leben mit der Energiewende TV“ mit Warroom eins, mit dem in Stuttgart zwei.

Schlagzeilen und Popularität

Mit seinem ersten Film tingelte er durch Deutschland, verlangte nur symbolischen Eintritt und stellte das Filmmaterial urheberrechtsfrei zur Verwendung ins Internet. Das bescherte ihm die eine oder andere Schlagzeile und Popularität, auch wenn nicht alle Schlagzeilen freundlich waren. Nachdem der Spartensender ZDF info das Leben mit der Energiewende als Doku sendete, schrieb das Nachrichtenmagazin „Spiegel“, dass die Produktion von Unternehmen der Energiewirtschaft gesponsert war. Deren Manager kamen dafür vor der Filmkamera zu Wort, andere später im Warroom. Im nahezu rechtsfreien Internet sind bezahlte Interviews juristisch problemlos. Dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen verbieten sie sich ebenso wie Zeitungen.

Farenskis zweiten Film präsentierte gleich der Hamburger Versorger Care Energy, mit dessen Geschäftsführer Martin Richard Kristek Farenski die „Care-volution“ ausrief. Für die darf der Firmenchef wiederum im Warroom des Filmemachers werben. Allerdings kämpft Care Energy, der Energiewende gleich, gegen Widerstand von offiziellen Stellen. Dort schien manche Geschäftsidee zu revolutionär.

Die Bundesnetzagentur verhängte ein Bußgeld, weil die Firma Strom zu liefern begann, ohne es anzumelden. Das Bundesamt für Justiz leitete ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ein, weil Kristek keine Bilanzen veröffentlichte. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen mahnte den Anbieter wegen seiner Geschäftsbedingungen und Werbung ab. Netzbetreiber kappten dem Unternehmen die Leitung, weil Rechnungen unbezahlt blieben. Mehrere Gerichtsurteile waren Folge der Weigerung, EEG-Umlage zu zahlen.