Der Berg ruft, die Promis strömen: Mit dem Überlebensdrama „Everest“ ist das Filmfestival in Venedig eröffnet worden. Stars wie Jury-Mitglied Diane Kruger, Jake Gyllenhaal und Josh Brolin bringen Hollywoodglamour an den Lido.

Venedig - Nach Abkühlung sehnen sich in Venedig derzeit viele. In der italienischen Lagunenstadt ist es seit Tagen ziemlich heiß und schwül. Da sorgt der Eröffnungsfilm des Festivals zumindest im Kino für einen Temperatursturz: In „Everest“ wagen Jake Gyllenhaal, Josh Brolin und Jason Clarke bei Schnee und Eis den Aufstieg auf den höchsten Berg der Welt, bis ein Unwetter sie in Lebensgefahr bringt. Dabei beeindrucken vor allem die 3D-Bilder, fangen sie die majestätische Weite vom Mount Everest doch spektakulär ein und ziehen die Zuschauer so ins Geschehen hinein - ein packender Auftakt der 72. Filmfestspiele.

 

Der isländische Regisseur Baltasar Kormákur drehte Teile des Films in Nepal und am Mount Everest, was für die Schauspieler wohl auch eine ziemliche Tortur war. „Ich habe sie eine Menge Schmerzen erleiden lassen“, sagte Kormákur (49) am Mittwoch, bevor er am Abend mit seiner Crew über den roten Teppich vor dem Premierenpalast schritt und sein Film das Festival eröffnete. Schauspieler Brolin ergänzte: „Wir haben versucht, so viel Angst und Unbehagen zu erleben wie wir konnten.“

„Everest“: Schönheit und Gefahr

Es habe sich aber niemand verletzt, betonte Kormákur. Dennoch musste er einige Leute wegen Höhenkrankheit mit dem Hubschrauber ausfliegen lassen und drehte schließlich in den Dolomiten weiter. Ein Team aber bestieg tatsächlich den Everest, diese Original-Aufnahmen sind nun ebenfalls im Film zu sehen.

Kormákur gelingt es in „Everest“ auch wegen dieser Aufnahmen in realer Umgebung, gleichzeitig die Schönheit der Natur, aber ebenso die Gefahren einzufangen. Denn während Gyllenhaal, Brolin und Clarke über Wochen hinweg immer weiter nach oben auf den Gipfel steigen, Eisfelder überwinden und atemberaubende Ausblicke genießen, werden ihre Entbehrungen deutlich spürbar: Wie die Aufstiege an ihren Kräften zehren und wie der Sauerstoffmangel einige Bergsteiger zum Aufgeben zwingt.

Als dann ein Sturm über die Gruppe hinwegtobt, glaubt man Dank der 3D-Bilder selbst mittendrin zu sein. Der Donner ist ohrenbetäubend, der Schnee fegt den Darstellern ins Gesicht, und der Wind peitscht über sie hinweg. Die Mitglieder der Gruppe sind dem Sturm ausgeliefert, drohen weggeweht zu werden oder erschöpft zu Boden zu fallen und zu erfrieren.

Keira Knightley als besorgte Ehefrau

Es ist eine wahre Geschichte, die Kormákur da verfilmt hat. Er fokussiert dabei vor allem auf Rob Hall (Clarke), einen der erfahrensten Bergsteiger seiner Generation. Zuhause erfährt seine hochschwangere Frau (Keira Knightley) von dem Schicksal ihres Mannes, den der Schneesturm am Everest-Gipfel festhält. Es ist aber nicht nur dieser reale Bezug, der die Zuschauer über rund zwei Stunden gebannt im Kino hält. Kormákur schafft mit „Everest“ ein bildgewaltiges und wuchtiges Werk.

Beim Filmfest Venedig wird es dafür allerdings keinen Preis geben - „Everest“ läuft außer Konkurrenz. Stattdessen muss die Jury in den kommenden Tagen unter 21 Beiträgen höchst unterschiedlicher Regisseure auswählen. Auf genau diese Vielfalt freut sich Jurypräsident Alfonso Cuarón, wie er betonte. Er habe deswegen auch noch keine feste Erwartung, wie der Gewinnerfilm aussehen müsse, sagte der mexikanische Regisseur („Gravity“). „Man darf nicht zu einem Festival kommen und einen bestimmten Typ Film erwarten. Das wäre ungesund.“