Mit dem Spionagethriller „Ismaels Geister“, in dem unter anderem Marion Cotillard und Charlotte Gainsbourg zu sehen sind, wurde am Mittwoch in Cannes der Auftakt der Filmfestspiele gefeiert. Auf dem Roten Teppich zeigten sich einige weitere Stars.

Cannes - Es ist ein ungewohntes Bild am Prachtboulevard von Cannes. Direkt vor dem Palais des Festivals, dem Herzen der Filmfestspiele, stehen Metalldetektoren. Ganz so wie am Flughafen, aber nur wenige Schritte vom roten Teppich entfernt, über den in den kommenden Tagen unzählige Stars in eleganter Abendgarderobe flanieren werden. So ungewohnt der Anblick allerdings ist, wirklich überraschend ist er angesichts der angespannten Sicherheitslage in Frankreich nicht. Wer es zum Auftakt des 70. Filmfests am Mittwoch aber durch dieses Nadelöhr geschafft hatte, konnte sich im Kinosaal wieder auf das Wesentliche konzentrieren: die Filme.

 

Zum Auftakt wurde „Les Fantômes d’Ismaël“ (Ismaels Geister) gezeigt. Prominent besetzt mit Charlotte Gainsbourg, Oscarpreisträgerin Marion Cotillard und „Bond“-Bösewicht Mathieu Amalric brachte das Werk dem Festival auch gleich die erhoffte Stardosis. Die Fotografen freuten sich beim Photocall unter strahlend blauem Himmel - im Gegensatz zu den Kritikern, die vor der feierlichen Premiere am Abend schon das eher zähe Liebesdrama gesehen hatten.

Darin geht es um den Filmregisseur Ismael (Amalric), der gerade einen Spionagethriller dreht, als seine vor über 20 Jahren verschwundene Ehefrau Carlotta (Cotillard) plötzlich wieder auftaucht. So dramatisch der Stoff auch ist, so seltsam leblos wirkt die Geschichte jedoch. Es kommt zwar zu den erwartbaren Spannungen, gerade auch mit Ismaels derzeitiger Freundin Sylvia (Gainsbourg). Doch Regisseur Arnaud Desplechin erzählt seine Geschichte mit so vielen verschiedenen Handlungssträngen, dass sie zerfasert und einen trotz der Tragik der Dreiecksbeziehung kalt lässt.

Die Stars wurden dann auch nur mit äußerst spärlichem Applaus begrüßt, als sie sich den Fragen der Journalisten stellten. Eine Chance auf einen der Hauptpreise hat „Ismael’s Ghosts“, so der englische Titel, aber sowieso nicht: Das Werk läuft außer Konkurrenz. Im Wettbewerb stehen in den kommenden Tagen stattdessen 19 andere Filme auf dem Programm.

Beim Wettbewerb werden zwie Filme von Netflix gezeigt

Wer von ihnen schließlich tatsächlich die Hauptpreise gewinnt, das wird die neunköpfige Jury um den spanischen Regisseur Pedro Almodóvar entscheiden. „Wir werden jeden Film für sich betrachten“, kündigte der 67-jährige Oscarpreisträger („Sprich mit ihr“) an. Auch die US-Schauspielerin Jessica Chastain, die neben Filmschaffenden wie Will Smith und der Deutschen Maren Ade („Toni Erdmann“) ebenfalls zur Jury gehört, versicherte, sie wolle sich jedem Beitrag aufgeschlossen und mit offenem Herzen nähern.

Ein Konflikt aber scheint dem Festspielen schon jetzt bevorzustehen: Im Wettbewerb laufen zwei Filme, die vom Streamingdienst Netflix produziert wurden und wahrscheinlich nicht wie andere Beiträge in Kinos zahlreicher Länder, sondern vor allem bei Netflix zu sehen sein werden. Das wurde im Vorfeld bereits heftig kritisiert.

„Ich sage nicht, dass ich nicht offen für neue Technologien bin“, sagte dann auch Juryvorsitzender Almodóvar in einem leidenschaftlichen Appell für das Kino. Er persönlich fände es aber nicht gut, wenn ein Film in Cannes die Goldene Palme gewänne und dann nicht auf der großen Kinoleinwand zu sehen sei.