Basken können nicht flirten, das sagen die Basken selber. Eine Filmkomödie beweist: sie können aber über sich lachen. „Im Baskenland mit jemandem anzubändeln, ist schwieriger als am Nordpol Kühlschränke zu verkaufen“, schreibt eine Zeitung.

Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Bilbao - Rafa traut seinen Augen nicht, als er Amaia zum ersten Mal wiederbegegnet. Kennengelernt hatte er sie in Sevilla, da trug sie ein Flamencokostüm, und er fand sie schön und aufregend. Jetzt ist er ihr in ihr baskisches Heimatdorf nachgereist und sieht sie in Alltagskleidung: „Du siehst ja aus, als kämest du von der Weinernte“, entfährt es ihm. „Kannst du dich nicht normal anziehen?“

 

Zwei Kulturen prallen in der spanischen Komödie „Ocho apellidos vascos“ (Auf Deutsch „Acht baskische Nachnamen“) aufeinander: die andalusische und die baskische. Das ist ein Funken schlagender Zusammenstoß. Fast neuneinhalb Millionen Spanier haben sich den Film seit seiner Premiere im März dieses Jahres angesehen, in ein paar Kinos läuft er immer noch. Nur „Titanic“ zog in Spanien einst mehr Zuschauer an. Wobei die Kritiker nicht so begeistert waren. Zu simpel gestrickt, zu klischeebeladen fanden sie das Werk des Regieveteranen Emilio Martínez Lázaro. Sie übersahen die Eleganz, mit der er sich der Klischees annimmt. Das Publikum kam, lachte und klatschte – am lautesten in Andalusien und im Baskenland.

Baskinnen (und Basken) sind nur schwer zu haben

Eine dieser unumstößlichen Wahrheiten, die der Film aufs Korn nimmt, ist die Unbegabtheit der Basken für die Liebe. Rafa, der geschniegelte Sevillaner, verbringt eine Nacht mit Amaia – die Schöne schläft neben ihm im Bett ihren Rausch aus. Rafas Freunde sind beeindruckt. Neben einer Baskin zu liegen sei so viel wert, wie mit drei Frauen aus Málaga zu schlafen, sagen sie. Doch Rafa ist das nicht genug. Er reist Amaia hinterher und braucht einen ganzen Film lang, um sie schließlich für sich zu gewinnen. Denn Baskinnen (und Basken) sind schwer zu haben.

Ob das Vorurteil nun die Wahrheit trifft oder nicht: die Basken selbst haben es verinnerlicht. Vor ein paar Jahren riefen die Macher eines Unterhaltungsprogramms des baskischen Fernsehens, Euskadi Comanche, in San Sebastián zu einer Demonstration dafür auf, dass im Baskenland „mehr und besser“ geflirtet werde. Fast niemand kam. „Wir hatten recht“, sagte hinterher der Moderator Iñaki Urrutia, „im Baskenland wird nicht geflirtet.“

Basken bekommen eher feuchte Hände

„Im Baskenland mit jemandem anzubändeln ist schwieriger, als am Nordpol Kühlschränke zu verkaufen“, schreibt die baskische Tageszeitung „El Correo“. Wer es dennoch schaffe, biete damit „allen Statistiken und internationalen Studien“ die Stirn. Was natürlich übertrieben ist. Eine Studie unter spanischen Studenten aus dem Jahr 2010, veröffentlicht in der Zeitschrift „Behavioral Psychology“, kam zu dem Schluss, dass die baskischen Befragten beim Umgang mit dem anderen Geschlecht eher feuchte Hände bekamen als ihre Altersgenossen im Rest Spaniens. Doch die regionalen Unterschiede seien „nicht groß“, versicherte der Studienleiter Vicente Caballo (Granada). Immerhin groß genug aber, um darauf ein ganzes Stereotypengebäude aufzubauen.

Wer im Baskenland flirten wolle, schreibt „El Correo“, müsse sich „mit Geduld wappnen“ – und damit rechnen, am Ende „wahrscheinlich nicht zum Zuge zu kommen“. Als größtes Flirthindernis schildert die Zeitung die „cuadrilla“, die Freundesgruppe oder Clique, mit der jeder Baske über eine „eiserne und unbezwingbare Nabelschnur“ verbunden sei. Es sei die mühsamste Aufgabe eines Verliebten, auch die Freunde oder Freundinnen des begehrten Menschen für sich zu gewinnen.

Das Land ist ideologisch stark zersplittert

Wahrscheinlich gibt es weitere Hindernisse. Die baskische Gesellschaft ist politisch noch stärker zersplittert als die anderer Weltgegenden, es gibt linke Nationalisten und rechte Nationalisten und linke und rechte Antinationalisten. Eine Liebe über solche ideologischen Gräben hinweg hätte das Zeug zum Shakespeare-Drama. Nichtbasken (wie Rafa aus „Ocho apellidos vascos“) finden außerdem die Aufmachung vieler vor allem linksnationalistischer Basken etwas abtörnend. Wer’s erlebt hat, fühlt sich an das Göttingen (oder Tübingen) der achtziger Jahre erinnert. Hinzu kommt ein hier etwas stärker als im Rest Spaniens entwickeltes Bewusstsein für die Tücken der Anmache. Die Papierservietten eines Restaurants an der Plaza Nueva in Bilbao tragen den Aufdruck: „Insistieren heißt bedrängen. Bedrängen heißt angreifen. Nein ist nein.“ Eine Aufforderung, die Annäherungsversuche nicht zu weit zu treiben.

Lieber die Liebe in Andalusien suchen

Manche lassen es da lieber gleich ganz sein oder suchen neue Horizonte. Eine junge baskische Bloggerin, Amaia Michelena, erzählt von einer unglücklich geendeten Liebesgeschichte mit einem baskischen Landsmann. „Ich werde weiter nach meiner besseren Hälfte suchen“, schreibt Michelena. „Aber diesmal in Andalusien!“

Ob die Zuschauer in Stuttgart den Film zu sehen bekommen ist noch nicht sicher. Die deutsche Verleihfirma gibt als Termin für den Bundesstart den 25. Dezember an.