Alter schützt vor Dreharbeiten nicht: Auch mit 81 Jahren legt Woody Allen seinen alljährlichen neuen Film vor. „Café Society“ spielt zur Zeit von Allens Geburt, der Meister geht das Ganze arg gemütlich an. Mit Kristen Stewart und Jesse Eisenberg als Liebespaar hat er aber tolle Schauspieler zu bieten.

Stuttgart - Auch im fortgeschrittenen Alter will Woody Allen jedes Jahr einen neuen Film drehen. Aber das Spätwerk desim Dezember einundachtzig Jahre alt Werdendenist recht durchwachsen. Meisterwerke wie „Matchpoint“ (2005) oder „Blue Jasmine“ (2013) stehen neben erfolgreichen Publikumsfilmen a la „Midnight in Paris“ (2011) und ausgesprochenen Flops wie „Cassandras Traum“ (2007) oder „To Rome With Love“ (2012). Die Spannung ist also immer groß, was einen beim jeweils neuesten Allen-Werk erwartet.

 

„Café Society“, der Allen-Jahrgang 2016 sozusagen, wirkt ein wenig, als hätte Allen sich ihn selbst nachträglich zum Achtzigsten geschenkt. Dafür spricht nicht nur die lange Einladungsliste an Schauspielgästen, die von Kristen Stewart, Jesse Eisenberg und Steve Carell angeführt wird, sondern auch das historische Setting. Der Film ist nämlich in Los Angeles und New York angesiedelt – vor ziemlich genau achtzig Jahren. Auf einer Geburtstagsparty will man sich ja mit Vertrautem umgeben, will ein bisschen resümieren, aber vor allem seinen Spaß haben und sich keine allzu großen Sorgen machen. Und so ist aus „Café Society“ ein liebenswürdiger, aber keineswegs großartiger Woody-Allen-Film geworden.

Im aufregenden Hollywood von einst

Jesse Eisenberg spielt das Alter Ego des Regisseurs, den jungen Bobby, der aus bescheidenen jüdischen New Yorker Verhältnissen zum reichen Onkel nach Los Angeles geschickt wird. Phil Stern (Steve Carell) mimt den erfolgreichen Hollywood-Agenten, der schon Fred Astaire, Gary Cooper, Ginger Rogers und Judy Garland unter Vertrag hatte. Die Welt der Stars und Partys, in die der Onkel den etwas schüchtern-linkischen Neffen einführt, ist durchaus aufregend. Aber am aufregendsten findet Bobby die Vonnie genannte Sekretärin Veronica (Kristen Stewart).

Vonie stellt allerdings bald klar, dass sie bereits vergeben ist. Den netten Bobby möchte sie nur als guten Kumpel im Leben haben. Da der Bobby unbekannte Geliebte aber ein verheirateter Mann ist, kommt es zu einigen beziehungsstrategischen Verwerfungen, aus denen der Neuling zeitweise amouröses Kapital schlagen kann. Am Ende aber steht Bobby als Verlierer da. Er kehrt nach New York zurück und steigt dort als Manager des Nobel-Clubs „Café Society“ ein, der von seinem schwerkriminellen Bruder geführt wird. Eine andere Veronica (Blake Lively), die Juden „exotisch und mysteriös“ findet, ist schnell gefunden und auch der Familiennachwuchs bald unterwegs.

Das gute alte Dreieck

Doch dann taucht Vonnie zu einer Stippvisite in New York auf. Die beiderseitigen Gefühle flammen wieder auf. In „Café Society“ bemüht Woody Allen also erneut das gute, alte Liebesdreieck, das schon einige seiner älteren Arbeiten wie „Manhattan“ (1979) angetrieben hat. Große Gefühle, falsche Entscheidungen, harte Enttäuschungen und die Sehnsucht nach jenem anderen verpassten Leben treiben den Plot an.

Wie inzwischen nicht anders zu erhoffen, manövriert Allen die Story in weitem Bogen um deren melodramatisches Potenzial herum und mitten hinein in die Gewässer der leichten Komödie. Dort werden Herzensangelegenheiten nach ihrem Unterhaltungswert bemessen. Das ist sehr nett und mit liebenswürdigen Charakteren bestückt, bleibt aber durch die sehr altersgelassene Herangehensweise auch ein wenig oberflächlich.

Bonmots und Weisheiten

Der Plot von „Café Society“ plätschert munter dahin und verästelt sich vielfältig, ohne je ins produktiv Chaotische abzudriften. Ab und an werden ein paar Allensche Bonmots und süffisante Lebensweisheiten eingestreut. Aber die wirken meist eher wie Fußnoten und entwickeln keine nachhaltige Relevanz. Zusammengehalten wird das zahme Erzählgefüge durch die pointierten schauspielerischen Leistungen, vor allem von der fabelhaften Kristen Stewart, die auch in diesem historischen Setting erhebliche Strahlkraft entwickelt. Die hervorragende Kameraarbeit des legendären Vittorio Stararo („Der letzte Tango von Paris“) und die stilvolle Ausstattung des langjährigen Allen-Weggefährten Santo Loquasto lassen dann zumindest optisch keine Langeweile aufkommen. Und Allen gibt uns immerhin doch eine in diesen Tagen besonders bedenkenswerte Spitze mit auf den Weg: „Das Leben ist eine Komödie – geschrieben von einem sadistischen Humoristen.“

Café Society. USA 2016. Regie. Woody Allen. Mit Jesse Eisenberg, Kristen Stewart, Jeannie Berlin, Steve Carell. 96 Minuten. Ab 12 Jahren.