„Du bist genauso kaputt wie wir alle“, resümiert Jep am Ende seiner sarkastischen Ausführungen. Tagsüber lümmelt er sommersatt in seiner Hängematte und schaut auf das gegenüber liegende Kolosseum. Man könnte fast sagen: er verfehlt sein Leben auf glamouröse Art und bei vollem Bewusstsein.

 

Dann erfährt Jep, dass die Frau, mit der er seine erste große Liebe erlebte, gestorben ist. Die Nachricht rüttelt ihn heraus aus seiner routinierten Bohemien-Existenz und macht ihm klar, dass da nicht mehr viel ist an Zeit, die ihm noch bleibt. „La grande Bellezza“ aber entwickelt zu dieser Erkenntnis keine dramatische Story, sondern flaniert weiter mit seinem gut gekleideten Helden herum, erkundet mit ihm die großartige Bühne Rom, auf der sich ein Reigen römischer und auch fellinesker Figuren aufführt: ein Kardinal, der in weihevollem Ton Kochrezepte vorträgt; ein verarmtes Adelspaar, das sich für die Feste der Reichen mieten lässt; eine Frau mit steinaltem Gesicht, die an Mutter Teresa erinnert und sich selbst kasteit; und eine patente Stripperin, die sich Jep anschließt.

Botox und der Tod

Wenn der Regisseur in einem Prunksaal eine Botox-Verabreichung inszeniert wie eine Messe, wird sein Film auch zur Satire. So eindeutig aber gibt er sich selten, er kostet lieber schillernde Ambivalenzen aus, ist so wie Jep von dieser Show des dekadenten Lebens angewidert und fasziniert zugleich. An den Rändern des Geschehens aber hört – respektive überhört! – der Held immer wieder Mahnungen: „Du bist niemand“, flüstert eine Mädchenstimme in einer Kirche.

„Und wer heilt dich?“, fragt eine Frau vor dem Klo einer Bar. Und auch Jep selber zweifelt nun ein wenig an seinem Da- und Sosein, empfindet seine Stadt- und Society-Exkursionen wohl auch als einen Gang durch lauter Memento-mori-Erfahrungen.

Fellini und ein neuer Ton

„La grande Bellezza“ bekennt sich offen zur Fellini-Hommage, die sich auch noch auf „Roma“ und „Achteinhalb“ bezieht, bringt gleichzeitig aber noch einen neuen Ton rein. Auch hier taucht, so als fordere es zum anderen Leben auf, ein Mädchengesicht auf, aber schon zu Beginn, und es verschwindet auch gleich wieder. Später rennt ein anderes Mädchen, von den Eltern für eine Kunstperformance missbraucht, voller Wut gegen eine Leinwand.

Für Utopien ist es jetzt auch zu spät. Bei Mastroianni war damals die existenzielle Verzweiflung eines Mannes in mittleren Jahren zu spüren, für den Einsicht und Umkehr noch denkbar schienen. Toni Servillo als Jep dagegen zelebriert die Melancholie eines saturierten Herrn, der vor vierzig Jahren einen Roman geschrieben und danach sein Talent zum Schlummern gelegt hat. Auf seiner Terrasse versammelt er nun die in die Jahre gekommene Kulturschickeria, lächelt fein oder beleidigt eine Frau, die mal eine Geschichte der KP geschrieben hat und sich auch jetzt noch ein Anliegen attestiert.

So kaputt wie alle

„Du bist genauso kaputt wie wir alle“, resümiert Jep am Ende seiner sarkastischen Ausführungen. Tagsüber lümmelt er sommersatt in seiner Hängematte und schaut auf das gegenüber liegende Kolosseum. Man könnte fast sagen: er verfehlt sein Leben auf glamouröse Art und bei vollem Bewusstsein.

Dann erfährt Jep, dass die Frau, mit der er seine erste große Liebe erlebte, gestorben ist. Die Nachricht rüttelt ihn heraus aus seiner routinierten Bohemien-Existenz und macht ihm klar, dass da nicht mehr viel ist an Zeit, die ihm noch bleibt. „La grande Bellezza“ aber entwickelt zu dieser Erkenntnis keine dramatische Story, sondern flaniert weiter mit seinem gut gekleideten Helden herum, erkundet mit ihm die großartige Bühne Rom, auf der sich ein Reigen römischer und auch fellinesker Figuren aufführt: ein Kardinal, der in weihevollem Ton Kochrezepte vorträgt; ein verarmtes Adelspaar, das sich für die Feste der Reichen mieten lässt; eine Frau mit steinaltem Gesicht, die an Mutter Teresa erinnert und sich selbst kasteit; und eine patente Stripperin, die sich Jep anschließt.

Botox und der Tod

Wenn der Regisseur in einem Prunksaal eine Botox-Verabreichung inszeniert wie eine Messe, wird sein Film auch zur Satire. So eindeutig aber gibt er sich selten, er kostet lieber schillernde Ambivalenzen aus, ist so wie Jep von dieser Show des dekadenten Lebens angewidert und fasziniert zugleich. An den Rändern des Geschehens aber hört – respektive überhört! – der Held immer wieder Mahnungen: „Du bist niemand“, flüstert eine Mädchenstimme in einer Kirche.

„Und wer heilt dich?“, fragt eine Frau vor dem Klo einer Bar. Und auch Jep selber zweifelt nun ein wenig an seinem Da- und Sosein, empfindet seine Stadt- und Society-Exkursionen wohl auch als einen Gang durch lauter Memento-mori-Erfahrungen.

Die große Leere

Ja, es ist alles eitel. Aber es ist eben auch verführerisch schön. Auch Jep ist letztlich ein Selbstdarsteller, der seine Einsichten verrät und verkauft. Bei der Beerdigung eines jungen Bekannten, der sich umgebracht hat, tritt er auf als großer Trauernder und flüstert der Mutter des Toten – so laut, dass es jeder hören kann – ins Ohr: „In den nächsten Tagen, wenn die große Leere kommt, kannst du immer auf mich zählen!“

Ihn selber hat die große Leere längst verschluckt. Auch wenn er manchmal auf Distanz aus ist, strudelt er doch in einer um sich selber kreisenden Gesellschaft mit und nimmt gar nicht mehr wahr, was um ihn herum passiert. Der ruhige, geschäftige Nachbar zum Beispiel hat anders gelebt: Er wird nun von der Polizei abgeholt, er war ein Mafioso. Aber wer will schon so genau hinschauen in dieser ewigen Stadt, in der sich auf Jeps Balkon nun die Flamingos niederlassen. Was für ein wunderbares Bild!