Das scheinbar dilettantisch angelegte Filmprojekt „Mistaken for Strangers“ hat weniger mit der real existierenden Band The National zu tun, sondern gibt eher einen allgemeingültigen, authentischen Einblick in die Knochenmühle des Popbusiness.

Stuttgart - Wer eine Doku über eine angesagte Band dreht, muss vielen Fettnäpfchen ausweichen. Schließlich soll das Material den Popgöttern schmeicheln und ihren Nimbus als zeitgenössische Genies festigen. Ob Tom Berninger, der Bruder des The National-Sängers Matt, diesem Anspruch wohl gewachsen ist? „Mein Bruder steht auf Heavy Metal. Er hält Indie-Rock für prätentiöse Scheiße“, gesteht Matt einem Radiosender. Oha.

 

Obendrein ist Tom Berninger nicht gerade der strukturierte Gewinnertyp. Mit dreißig Jahren hat er schon eine respektable Wampe und schütteres Haar, aber weder Job noch Freundin. Seine Leidenschaft fürs Filmemachen brachte bisher nur ein paar Horrorfilme hervor. Außerdem leidet er unter einer handfesten Depression.

Mit der Dokumentation „Mistaken for Strangers“ geht Tom Berninger ein Wagnis ein. Zum einen entzaubert er den Geniekult um eine angesagte Band. Zum anderen gibt er beinahe selbstzerstörerisch die eigenen Befindlichkeiten preis. Dass sein Film trotzdem nicht zum peinlichen Seelenstriptease gerät, liegt vor allem an Berningers Humor, seiner Ehrlichkeit und der Fähigkeit zur Selbstkritik, mit der er die Hassliebe zweier Brüder ergründet.

Das scheinbar dilettantisch angelegte Filmprojekt hat weniger mit der real existierenden Band The National zu tun, sondern gibt eher einen allgemeingültigen, authentischen Einblick in die Knochenmühle des Popbusiness. Während Matt von der Menge umjubelt wird, müht sich sein Bruder Tom, den äußeren Ansprüchen gerecht zu werden, macht Fehler, stößt auf Ablehnung und zerbricht beinahe daran. „Ich habe nichts“, sagt er einmal. Sein Film beweist das Gegenteil.