Die Auseinandersetzung zwischen Betriebsräten der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) und des Vorstands spitzt sich zu. Drei Gütetermine sind gescheitert. Die Atmosphäre ist vergiftet, die Zusammenarbeit dadurch erschwert.

Stuttgart - Die Auseinandersetzung zwischen Betriebsräten der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) und des Vorstands wegen der Abgruppierung in eine niedrigere Gehaltsklasse, der Streichung von Aufwands- und Überstundenpauschalen inklusive einer Rückzahlung von Teilbeträgen findet vor Gericht, aber auch im Arbeitsleben ihre Fortsetzung. Am Freitag scheiterten erneut drei Gütetermine vor dem Arbeitsgericht Stuttgart.

 

Während der Anwalt der Betriebsräte Klaus Felsmann, Thomas Asmus und Dieter Hafenbrack sowie des Schwerbehindertenbeauftragten Wolfgang Hoepfner Gesprächsbereitschaft signalisierte, sieht der Rechtsbeistand der SSB keinen Spielraum. Über die strittigen Arbeitsverträge könne man gar nicht verhandeln, da die 2008 vom ehemaligen Personalvorstand Reinhold Bauer mit den Arbeitnehmervertretern vereinbarte Vergütung auf falscher Grundlage zustande gekommen und damit trotz Mitwirkens von Gutachtern auf beiden Seiten rechtswidrig gewesen sei.

Fiktive Karriere für freigestellte Betriebsräte

Die Einstufung freigestellter Betriebsräte erfolgt nicht durch Einigung, sondern anhand eines Vergleichs der Karrieren von Kollegen mit identischen Qualifikationen im Beruf. Während das Gericht bei der Eingruppierung Spielräume für eine Einigung sieht, wurden Zweifel laut, dass die gewährten Pauschalen zulässig waren. Es bestehe die Gefahr einer verdeckten Lohnzahlung.

Der SSB-Aufsichtsrat hatte seinen Vorsitzenden, OB Fritz Kuhn (Grüne), ermächtigt, wegen der Gewährung überhöhter Bezüge Ansprüche in Höhe von 670 000 Euro gegen Reinhold Bauer geltend zu machen. Es hätten sich aber keine Anhaltspunkte für strafbares Verhalten ergeben. Die Staatsanwaltschaft sieht das auch so.

Betriebsfrieden ist gestört

Der Betriebsrat sieht das Verhältnis zur neuen Personaldirektorin Sabine Groner-Weber nachhaltig gestört. Sie hatte die Sanktionen verhängt. Bis in höhere Belegschaftskreise hinein gebe es die Befürchtung, der Betriebsrat solle zermürbt werden, um dann unpopuläre Maßnahmen leichter durchsetzen zu können, hieß es am Rande der Verhandlung. Der Streit wirke sich auf die Gespräche über Regelungen für Sonderverkehre wie Fahrten zum VfB-Saisonfinale, veränderte Stadtbahnnetze und Dienstpläne aus. Würde der Betriebsrat darauf pochen, jede Überstunde genehmigen zu müssen, wäre der Betrieb nicht mehr handlungsfähig. Pragmatische Lösungen hülfen dem Unternehmen, Personal zu sparen, sagt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Asmus. Man habe auf eine gütliche Einigung bei Dienstplänen und -kleidung gesetzt, um nun aber doch die Einigungsstelle anrufen zu müssen. „Betriebsratsvergütung und Dienstkleidung/Dienstplanung sind innerhalb der SSB nicht miteinander verknüpfte Themen“, teilt eine Sprecherin mit.

Wie vergiftet die Atmosphäre ist, macht der Streit über eine Aufwandsentschädigung von 45 Euro brutto im Monat deutlich – nur ein Bruchteil der laut Vorstand unzulässig gewährten Zulagen. Die Pauschale deckte laut Betriebsrat Hafenbrack seit vielen Jahren den Aufwand für Essen und Trinken an Tagen mit Sitzungen ab, die mangels geeigneter Räume in der SSB-Zentrale im SSB-Waldheim auf der Waldau abgehalten wurden. Jetzt tage man in Vaihingen, unter unwürdigen Bedingungen in einem Nebenraum der Kantine. Vorteil: dort kostet das Mittagessen nur 3,30 Euro.