Markus Gürne erläutert vor Gewerbevereinen und Stadtwerken im Fellbacher Haus der Rosen von Peter Schwarzkopf machtpolitische Zusammenhänge.

Fellbach - Den Börsenexperten Markus Gürne bringt so schnell nichts aus der Ruhe, schließlich war er als Korrespondent an etlichen Krisenherden der Welt im Einsatz. Lediglich die Frage nach dem ultimativen Börsentipp beschleunigt seinen Puls geringfügig. Wüsste er den, „dann wäre ich nicht hier“, sagte er einmal bei einer anderen Gelegenheit.

 

In der Erwartung von Empfehlungen einzelner Aktien oder Fonds dürfte aber kaum einer der knapp hundert Besucher ins Fellbacher Haus der Rosen von Peter Schwarzkopf gekommen sein. Bei der von der Volksbank Stuttgart unterstützten Gemeinschaftsveranstaltung aller Gewerbevereine aus Fellbach, Schmiden und Oeffingen sowie der Stadtwerke Fellbach ging es um Grundsätzlicheres.

„Auf der Welt spielen viele Dinge eine Rolle, die uns gar nicht bewusst sind“, sagt der Experte

„Auf der Welt spielen viele Dinge eine Rolle, die uns gar nicht bewusst sind“, sagte der Leiter der ARD-Börsenredaktion und Moderator der Sendung „Börse vor acht“. Entscheidungen der Europäischen Zentralbank beispielsweise spielen für jeden Einzelnen spätestens dann eine Rolle, wenn es um die eigene Altersversorgung geht. „Die Folgen der zinslosen Zeit werden uns noch lange beschäftigen. Vier, fünf, sechs Prozent werden wir nicht mehr haben.“ Um dennoch richtige Anlageentscheidungen zu treffen, betonte der 46-Jährige die Bedeutung von Informationen und deren Interpretation: „Schauen Sie sich die Nachrichten aus einer Perspektive von oben an.“ Dann sind nach seiner Überzeugung Entwicklungen mit einem Vorlauf von drei bis sechs Monaten absehbar.

Die wesentlichen weltpolitischen Entscheidungen spielen sich zwischen den Machtpolen USA, Russland, China und Indien ab. Das gilt auch für die Energiewende. Aus politischen Gründen erwartet der Stuttgarter, dessen Frau mehrere Jahre in Fellbach gewohnt hat, einen lediglich moderaten Anstieg des Ölpreises auf 80 Dollar binnen vier Jahren: „Er wird nie wieder auf 100 Dollar gehen.“ Zu schwer wiegen die Interessengegensätze zwischen dem billig produzierenden Saudi-Arabien und teurer fördernden Konkurrenten wie der Iran. Dass Europa nicht den fünften Machtpol darstellt, liege an dessen Uneinigkeit. Dennoch spielt Europa für die deutsche Wirtschaft mit einem Exportanteil von 59 Prozent eine überragende Rolle.

Wie schnell eine gute Wettbewerbsposition verspielt werden kann, zeigt die Solarindustrie

Wie schnell eine gute Wettbewerbsposition verspielt werden kann, zeigt die deutsche Solarindustrie: „Die ist platt und kommt auch nicht wieder.“ Dasselbe Schicksal droht nach Auffassung des studierten Rhetorikers bei der Elektromobilität. China und Indien führen Quoten für Elektrofahrzeuge ein. „Nicht weil sie grün geworden sind, sondern zum Machterhalt und weil sie es umsetzen können“, sagte Gürne.

Vor dem mit viel Applaus bedachten Vortrag hatte Heiko Miola, der Vertriebsleiter der Stadtwerke Fellbach, einen Überblick über den Stand der Energiewende in Deutschland gegeben. Er sieht bei der Stromwende am meisten erreicht: 30 Prozent des Stroms stammen inzwischen aus regenerativen Energiequellen. Deutlich schlechter sehe es im Verkehr, aber vor allem in der Landwirtschaft und bei der Wärmeerzeugung aus. „Man muss noch von einem Energiewendle sprechen“, lautete Miolas Fazit.