100 Tage Zauber der Polarnacht - so heißt eine Expedition des finnischen Fremdenverkehrsamts. Mit dabei: Der Freiburger Matthias Huber. Im Interview erzählt er von seinen Erfahrungen in der Wildnis.

Herr Huber, Sie sind gerade an einem gefrorenen Wasserfall geklettert. War das für Sie ebenfalls eine Premiere, so wie die vielen anderen Abenteuer, die Sie in den vergangenen Wochen bestanden haben?

Ja, so was hab ich zuvor noch nie gemacht. Tatsächlich habe ich sogar Höhenangst und deshalb hat mich das Eisklettern wirklich große Überwindung gekostet. Der Wasserfall ist 50 Meter hoch, von oben sahen die Menschen unten wie Stecknadelköpfe aus. Es ging aber dann doch besser als gedacht. Und jetzt, wo ich wieder festen Boden unter den Füßen habe, kann ich sagen, dass es sogar ein bisschen Spaß gemacht hat (lacht).

 

Welche Herausforderungen mussten Sie sonst noch bewältigen?

Wir haben einen Fjell bestiegen - Fjell ist im Skandinavischen der Begriff für Berge oder Hochflächen oberhalb der Nadelwaldgrenze - und das auf die harte Tour. Wir mussten unsere gesamte Ausrüstung im Schlitten hinter uns herziehen. Wir sind mit Schneeschuhen gewandert, haben Rentiere gehütet und Kiteboarden gelernt. Da lässt man sich auf einem Snowboard von einem Lenkdrachen ziehen. Außerdem waren wir mit einem Eisbrecher auf dem Meer und mit Schlittenhunden in den Weiten der finnischen Taiga unterwegs. Letzter Höhepunkt wird Eistauchen sein. Darauf werden wir uns demnächst einige Tage lang intensiv vorbereiten.

Wie sind Sie auf das Projekt aufmerksam geworden?

Ich bin selbstständiger Webdesigner und Fotograf. Ich mag Abenteuer- und Outdoor-Fotografie. Von dem Projekt habe ich über Facebook erfahren. Im Kopf sah ich sofort die Bilder, die ich von den Nordlichtern machen würde und von den tief verschneiten Landschaften in Finnland. Ich wusste gleich, da möchte ich dabei sein.

Das wollten auch fast 4000 weitere Outdoor-Fans. Was, glauben Sie, hat den Ausschlag gegeben, dass die Wahl der Jury letztlich auf Sie gefallen ist?

Darüber kann ich nur spekulieren. Fest steht, dass ich mir bei der Bewerbung sehr viel Mühe gegeben habe. Ich habe ausführlich und strukturiert erklärt, wer ich bin, was ich mache, was ich mir von der Expedition erwarte. Es gab dann noch einen Vorentscheid in Helsinki, zu dem aus jedem Land drei Bewerber eingeladen wurden. Auch dort habe ich versucht, mich von meiner besten Seite zu zeigen. Ich bin froh, dass es für die Teilnahme gereicht hat.

Wer sind Ihre Mitstreiter?

Die Gruppe besteht aus drei Männern und zwei Frauen. Eins der Mädels ist eine Grafikdesignerin aus England, die andere eine Künstlerin aus China. Die zwei anderen Männer der Gruppe kommen aus Japan und Südkorea und sind - wie ich - Fotografen von Beruf. Uns allen gemeinsam ist also, dass wir alle kreativ und künstlerisch tätig sind, und so haben wir viele Anknüpfungspunkte. Wir kommen sehr gut miteinander aus und es sind Freundschaften entstanden, die über die Expedition hinaus bestehen werden.

Was hat Ihnen besonders gut gefallen?

Die Polarlichter mit eigenen Augen zu sehen. Das ist sagenhaft. Ich durfte sie im Laufe des Projekts mehrmals beobachten. Aber ich habe mich noch lange nicht sattgesehen. Was mich sicher auch noch lange an diese Reise erinnern wird: Wir haben unser eigenes Messer geschmiedet. Das hat mir viel Spaß gemacht. Ich nutze es hier nahezu täglich und es wird mich auch auf meinen weiteren Reisen begleiten.

Gab es Momente, in denen Sie sich gefragt haben, was Sie hier eigentlich machen?

Zugegeben, auch das kam vor. Manchmal hatte es minus 42 Grad. Wenn man dann draußen am Werkeln ist, tun einem sofort die Finger vor Kälte weh - und zwar richtig weh. Wenn man dann nach Stunden körperlicher Aktivität in der Wildnis feucht und verschwitzt ins Zelt kriecht, dann denkt man natürlich daran, wie warm und bequem man es zu Hause haben könnte. Trotzdem möchte ich diese Erfahrungen nicht missen.

Wie haben Sie die Einheimischen erlebt?

Das Klischee, dass der Finne schüchtern und sehr zurückhaltend sei, kann ich überhaupt nicht bestätigen. Man kommt problemlos mit ihnen ins Gespräch. Sie sind sehr offen und superfreundlich. Was mich beeindruckt hat, ist das große Vertrauen, das die Finnen in ihre Mitmenschen haben. Die Leute hier lassen ihre Autos offen und sperren auch die Haustüren nicht ab, und so viel ich weiß, wird tatsächlich nichts geklaut.

Wenn Sie bald wieder zurück sind in Freiburg, worauf freuen Sie sich am meisten?

Auf meine Freundin, keine Frage! Ein Vierteljahr ist ganz schön lang, ich vermisse sie mit jedem Tag mehr.