Hoher Besuch beim Leinfeldener Drucklufttechnikspezialisten Mader: Am Dienstag besucht Angela Merkel den Betrieb, denn das Unternehmen verfolgt eine ungewöhnliche Personalpolitik.

Leinfelden-Echterdingen - Es wirkt ein bisschen wie die Ruhe vor dem Sturm: Ein Mann in einem blauen Arbeitsanzug kehrt mit einem Rechen die Schotterfläche vor dem Haupteingang der Mader GmbH & Co. KG und wirkt dabei etwas verloren in dem grauen Novemberwetter, das in diesem Jahr den Frühling beherrscht. Mit der Treppe ist er schon fertig, sie glänzt wieder so, als wäre sie eben erst gebaut worden – schließlich soll hier ja auch das Gruppenfoto mit der Kanzlerin geschossen werden.

 

Beim Mittelständler aus Leinfelden-Echterdingen, der auf die Optimierung von Druckluftprozessen spezialisiert ist, laufen die Vorbereitungen auf den Besuch Angela Merkels auf Hochtouren, gleich fünf Mitarbeiter sind seit Tagen nur mit der Organisation dieses Termins beschäftigt. Am Dienstag wird die CDU-Politikerin den Betrieb auf ihrer „Demografiereise“ besuchen – über dreißig Reporter sind akkreditiert, vom „Spiegel“ bis zur „Süddeutschen“, ein völlig ungewohntes Medieninteresse für Mader.

Hoher Frauenanteil, hohe Ausbildungsquote

Der Grund für Merkels 75-minütige Stippvisite ist die Ausbildungs- und Personalpolitik des Unternehmens: 34 Prozent der 81 Mitarbeiter haben einen Migrationshintergrund, 35 Prozent sind weiblich, von den zehn Führungskräften sind fünf Frauen. Dazu beschäftigt Mader aktuell gleich elf Auszubildende. Damit passt das Unternehmensprofil perfekt zu dem Thema der „Dialogreise“ der Kanzlerin: Dabei besucht sie nämlich Betriebe und Institutionen, die, so die Mitteilung der Regierung, „die Belange von Jung und Alt im demografischen Wandel auf innovative Weise unterstützen“.

Bei Mader ist die ungewöhnliche Personalpolitik die Reaktion auf den zunehmenden Fachkräftemangel. „Wir haben Probleme, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Deshalb heißt für uns die Parole schlicht: ,Ausbilden, ausbilden, ausbilden!‘“, so Werner Landhäußer, einer der drei Geschäftsführer. In der Region Stuttgart seien viele Industrieunternehmen angesiedelt, die um qualifizierte Mitarbeiter konkurrierten; zudem mache sich immer mehr der demografische Wandel bemerkbar, abzulesen an der sinkenden Zahl von Bewerbungen.

Die Unternehmensphilosophie wird groß geschrieben

„Am liebsten sind uns Techniker, die auch schon mal einen Schraubschlüssel in der Hand gehalten haben, also etwa eine Ausbildung zum Industriemechaniker oder Schlosser gemacht haben“, beschreibt Landhäußer das Profil der Kandidaten, die sein Unternehmen sucht. Dabei ist es nicht so, dass weibliche Kandidaten oder solche mit ausländischen Wurzeln bevorzugt eingestellt würden; Landhäußer betont vielmehr, das Wichtigste sei, dass der jeweilige Bewerber sich mit dem Wertekanon des Unternehmens identifizieren kann.

Wie der aussieht, kann niemand übersehen haben, der den Weg zum Büro des Geschäftsführers schon einmal hinter sich gebracht hat. Denn die Eingangshalle bei Mader wie auch das gesamte Treppenhaus zieren Begriffe, die die Unternehmensphilosophie schlagwortartig auf den Punkt bringen sollen. „Begeisterung und Optimismus“ heißt es etwa, oder auch „Gerechtigkeit und Zuverlässigkeit“. „Wir wollen, dass auch die Mitarbeiter uns an diesen Werten messen“, betont Landhäußer.

Konzentration aufs Kerngeschäft Drucklufttechnik

Die Ausbildungsleiterin Sülbiye Deger organisiert bei Mader die unterschiedlichen Personalmarketingkonzepte. „Wir haben etwa eine Bildungspartnerschaft mit der Ludwig-Uhland-Schule hier vor Ort“, sagt sie. Diese Partnerschaft wird von der IHK Esslingen gefördert, die als Vermittlungspartner auftritt. „Wir unterstützen die Schüler beim Start ins Berufsleben, informieren über die verschiedenen Ausbildungsberufe und bieten bei uns im Haus auch Bewerbungstrainings an“, sagt Deger. Weil diese Strategie fruchtet und zudem viele Schüler im Ort ihre Wurzeln im Ausland haben, schlägt sich das auch in der Struktur der Mitarbeiterschaft nieder.

Seit 2003 ist Landhäußer Geschäftsführer von Mader; die Genugtuung darüber, dass es seitdem mit dem Unternehmen aufwärtsgeht, ist ihm anzumerken. „Als ich hier angefangen habe, war Mader in einem sehr schlechten Zustand, sowohl was die Führungskräfte als auch die Mitarbeiterqualität angeht“, erzählt er. Ein Schlüsseljahr war 2009: In der Krise bemerkte die Firmenleitung, dass von den beiden Geschäftsbereichen die reine Pneumatik stark schrumpfte, der Bereich der Drucklufttechnik dagegen stabil blieb. Mader restrukturierte sich und nahm fortan den gesamten Prozess der Drucklufterzeugung in Betrieben in den Blick. Die strategische Neuausrichtung habe sich ausgezahlt, die Resonanz der Kunden sei sehr positiv. Im Jahr 2012 erzielte der Mittelständler einen Umsatz von rund 13 Millionen Euro, bei einer Steigerung um 20 Prozent im strategischen Geschäftsfeld. Die Zahl der potenziellen Kunden ist jedenfalls groß: „In jedem Industrieunternehmen wird mit Druckluft gearbeitet“, sagt Landhäußer.

Die Energieersparnisse, die Mader bei Kunden erziele, würden sich im Schnitt nach rund ein oder zwei Jahren auszahlen, sagt der Geschäftsführer. Zudem leiste das Unternehmen so einen Beitrag zu einer umweltschonenderen Wirtschaft – auch ein Argument, das Angela Merkel dazu veranlasst haben dürfte, morgen in Leinfelden-Echterdingen haltzumachen.