Das Landgericht Stuttgart spricht einen 66-Jährigen und seinen Sohn wegen Untreue in 146 Fällen für schuldig. Der Immobilienverwalter hatte fast eine Million Euro aus Rücklagen von Kunden für eine eigene Firma abgezweigt.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Waiblingen - Die Pleite einer Waiblinger Immobilienverwaltungsgesellschaft hat vor drei Jahren wie ein Paukenaschlag in der Region gewirkt. Denn mehr als 70 Gemeinschaften von Wohnungseigentümern (WEG), die von der Firma betreut worden waren, sahen sich mit immensen Schäden konfrontiert. Der 66-jährige Geschäftsführer hatte zusammen mit seinem 37-jährigen Sohn über Jahre hinweg Geld von den Konten der WEGs abgezweigt, um eine Dachdeckerfirma zu sanieren, die dem Hausverwalter gehörte. Das Landgericht Stuttgart hat den 66-Jährigen deshalb am Dienstag zu drei Jahren Haft verurteilt, sein Sohn erhielt wegen Beihilfe eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten und eine Geldbuße von 6000 Euro.

 

Eigentümergemeinschaften in der ganzen Region Stuttgart betroffen

Lediglich ein „Destillat von Fällen“ floss in das Urteil ein, wie der Vorsitzende Richter Frank Maurer es bezeichnete. Immerhin waren das aber noch 146 Untreuetaten mit einem Schaden von 915 000 Euro, die dem 66-Jährigen zur Last gelegt wurden, begangen im Zeitraum von 2008 bis 2012. Dazu kamen Urkundenfälschungen: der Hausverwalter hatte Kontoauszüge gefälscht, um Defizite auf den Konten zu kaschieren. Dadurch flog der Schwindel auf: Die Kreissparkasse Waiblingen hatte das Papier für die Auszüge gewechselt, was Beiräten einer Eigentümergemeinschaft auffiel. Erst durch die Insolvenz der Firma, die der Angeklagte seit 1975 leitete, kam jedoch die wahre Dimension der Veruntreuungen zum Vorschein.

Betroffen waren 73 WEGs in der gesamten Region Stuttgart und darüber hinaus. Einige dieser Gemeinschaften verwaltete der 66-Jährige seit Jahrzehnten. „Das Vertrauen in ihn war groß“, so der Vorsitzende Richter der 13. Wirtschaftsstrafkammer. Tatsächlich fielen viele der Eigentümer aus allen Wolken, als die Taten publik wurden. „Wir sind nach den Eigentümerversammlungen noch mit ihm essen gegangen. Dabei hat er uns schon damals hintergangen“, berichtete ein Betroffener am Rand des Prozesses. Dem Angeklagten habe man es deshalb leicht gemacht, so das Gericht. „Es gab keine intensive Kontrolle durch die Beiräte.“

Wohnungseigentümer an den Rand des Ruins gebracht

Der erste Griff in die Rücklagen sei erfolgt, um den „wirtschaftlichen Schiffbruch“ der Dachdeckerfirma abzuwenden, die der 66-Jährige übernommen hatte. „Ich hätte die Reißleine ziehen sollen“, sagte er am ersten Prozesstag, an dem er die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe in vollem Umfang zugab. Er habe mit dem Geld Löcher in den Finanzen dieser Firma gestopft. Um die Fehlbeträge auszugleichen, verschob er nach und nach Geld von einem Konto zum anderen.

Für sich selbst habe er nichts abgezweigt, betonte er, was ihm anwesende Geschädigte jedoch nicht glauben. Der Vorsitzende Richter berichtete während der Urteilsverkündung, dass Briefe die Kammer erreicht hätten, in denen Vermutungen aufgestellt wurden, wohin Geld geflossen sein könnte. „Es liegen jedoch trotz der umfangreichen Ermittlungen keine Indizien vor, die diese Behauptungen bestätigen“, so der Richter.

Die Betroffenen bleiben auf ihrem Schaden sitzen. „Die Höhe der Strafe ist mir egal. Ich möchte mit der Sache endlich abschließen können“, sagte eine Frau, die durch das Treiben des Angeklagten 15 000 Euro verloren hat. Die geleerten Rücklagen mussten die WEGs durch Sonderzahlungen wieder auffüllen. Einige kamen dadurch an der Rand des Ruins.