Seine Frau hat den lange nach seiner Identität suchenden Präsidenten fest in der afroamerikanischen Welt verwurzelt. Michelle Obama steht dabei für eine schwarze Erfolgsgeschichte.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Washington - Amerikas erster schwarzer Präsident? Wer sich an den Stätten seiner Jugend in Hawaii umsieht, der bekommt so seine Zweifel. Die Mutter aus Kansas, der Vater aus Kenia, der Geburtsort so weit weg vom Kontinent wie keine andere Region der USA – weitab von den Ghettos der Großstädte oder der Geschichte der Sklaverei, die immer noch die afroamerikanische Identität in den USA prägt. Es ist die Begegnung mit Michelle Obama im Jahr 1989, die den Außenseiter und Sucher Barack Obama in Chicago endgültig in der „black community“ geerdet hat, die mit „schwarzer Gemeinschaft“ nur unzureichend beschrieben ist. Michelle Obama steht dabei für eine schwarze Erfolgsgeschichte, für die Fähigkeit aus eigener Kraft die Hürden zu überwinden, vor denen Afroamerikaner in den USA auch heute noch häufig stehen.

 

Michelles Familie war mit den Härten des Alltags vertraut

Barack Obama hat aus der Suche nach seiner schwarzen Identität in seiner Autobiografie „Ein amerikanischer Traum“ ein ganzes Buch gemacht. Doch erst im Jahr 1985, mit 24 Jahren, hat er in Chicago begonnen, in die afroamerikanische Kultur einzutauchen – und hatte doch, wie schon in seiner vorangegangenen Zeit in New York, erst einmal eine weiße Freundin. Ohne die ehrgeizige, disziplinierte, zutiefst in der afroamerikanischen Kultur der South Side von Chicago verwurzelte Michelle wäre er wohl ein Fremder geblieben. Ihre Eltern waren dank harter Arbeit in die schwarze Mittelschicht aufgestiegen. Michelle und ihren Bruder konnten sie an die Renommieruniversität Princeton schicken. Doch die Familie Robinson war mit den Härten des Alltags der Afroamerikaner vertraut. Sie lebte weiter im schwarzen Viertel. Michelle Obamas Vater litt an multipler Sklerose, und die Dollars waren immer knapp. Als sie nach Princeton kam, war sie perplex, dass dort Studenten mit BMW herumfuhren. „Ich kannte in Chicago noch nicht einmal jemanden, der ein solches Auto fuhr“, sagte sie in einem Interview.

Obama wurde vorgeworfen, kein authentischer Schwarzer zu sein

Seine künftige Frau habe dem jungen Jurastudenten Barack Obama etwas geboten, das er zuvor in seinem Leben nie erfahren hatte – die Aussicht auf ein stabiles Familienleben, schreibt die US-Journalistin Jodi Cantor, die ein Buch über die Partnerschaft der Obamas geschrieben hat. Doch die Beziehung zu Michelle hatte für den aufstrebenden Politiker, der seine zunächst skeptische Frau für die eigene, im schwarzen Chicago beginnende Karriere einspannte, auch ganz praktische Vorteile. „Einer mit so einem Namen stammte ganz sicher nicht von der South Side. Aber wenn Michelle Obama im Auftrag ihres Mannes an die Türen klopfte, war es im Viertel instinktiv allen klar, dass sie und folglich auch er einer von ihnen war“, schreibt Cantor. Noch im Jahr 2000 gelang es Bobby Rush, Obamas damaligem innerparteilichem Rivalen um einen Sitz im US-Repräsentantenhaus, den späteren Präsidenten bei den Wählern damit zu diskreditieren, dass er ihm vorwarf, kein authentischer Schwarzer zu sein.

Doch diszipliniert und berechnend wie die Obamas waren, wussten sie auch, wann es genug war mit der Betonung der afroamerikanischen Wurzeln – in dem Moment, als Barack Obama eine nationale Karriere anstrebte. So wehrten sich Michelle und Barack Obama vor dem Beginn des Vorwahlkampfes der Demokraten im Jahr 2007 vehement dagegen, dass von Afroamerikanern gefragt wurde, ob Obama schwarz genug sei. Es war die selbstbewusste schwarze Amerikanerin Michelle, die diese Debatte beendete. „Wir müssen mit diesem Unsinn aufhören“, sagte sie harsch auf einer Konferenz schwarzer Journalisten: „Das stiftet doch nur Verwirrung in den Köpfen unserer Kinder.“