Von „Room Service“ über „Marliese“ bis „Berlin“: Very british und weitgehend unverwüstlich glänzt John Watts mit seiner Band Fischer-Z beim Konzert im Wizemann in Stuttgart.

Stuttgart - Für (Post-)Punk nicht punkig, für New Wave nicht stylish genug, zu viele Fremdkörper im Sound, um als Britpop durchzugehen – und doch gehörten Fischer-Z zwei, drei Jahre lang zum Besten, was die englische Musikszene um 1980 zu bieten hatte. Nach furiosem Start verhedderte sich Bandleader John Watts freilich in eine etwas unglückliche „on/off“-Karriere: Mal publizierte er unter dem etablierten, aber phasenweise ungeliebten Gruppennamen, mal solo, dann gar nicht.

 

Die Fans von damals sind gekommen

Aktuell stehen die Zeichen wieder auf „on“: Das Label Fischer-Z ist seit 2015 reaktiviert und zieht inzwischen wieder eine stattliche Zahl an Fans zu den Konzerten, die einst zu Songs wie „Room Service“ oder „So Long“ tanzten und nun in ihrer Lebensmitte gerne mal wieder am Geist vergangener Sturm-und-Drang-Tage schnuppern. Rund tausend Fans waren es, die am Mittwochabend ins Wizemann kamen – ihre Jugend bekamen sie dort zwar nicht zurück, aber eine süße Erinnerung daran allemal. Denn zu erleben gab es einen Musiker, der sich mit seiner Vergangenheit versöhnt hat und noch eine ganze Menge vom einstigen Zauber wiederzubeleben vermag.

„Battalions of Strangers“ ist ein Höhepunkt des Abends

Der unverkennbar britische Charakter der Band ist dabei allgegenwärtig, ob im Outfit des Chefs mit kleinem Hut und großkarierter, schlafanzugähnlich gemusterter Hose – einem typisch britischen Beinkleid also – oder in der musikalischen Gangart. Mit vier Begleitern, die glatt als Watts’ Söhne durchgehen könnten, verbindet auch die 2017er-Formation eine prägnante Melodik mit einem trockenen Punch zwischen Punk, Pop und Reggae – etwas Feintuning inklusive. Die Räume in den zackig-kantigen Originalarrangements werden mit einer ganzen Reihe zusätzlicher Basslinien aufgefüllt. Das bringt zwar nicht unbedingt mehr Dynamik, durchaus aber etwas zusätzliche Raffinesse in den Sound. Dazu: so viele Tastenklänge wie nötig, so viel Gitarrenwucht wie möglich. Trifft beides aufeinander – wie im Kriegsszenario „Battalions of Strangers“, einem der Höhepunkte des Abends, entfacht der Fischer-Z-Sound noch immer eine geradezu cinemascopische Dichte.

Von „Room Service“ bis „Marliese“

Und dem Kernrepertoire mit Klassikern wie „Room Service“, „So Long“, „Marliese“, „The Worker“ oder „Berlin“ gebührt ohnehin das Prädikat „unverwüstlich“. Dazu erinnern ältere („One Voice“) und aktuelle Titel („Damascus Disco“) daran, dass die weitgehend unerheblichen Watts-Werke nach „Red Skies over Paradise“ (1981) durchaus noch einzelne starke Songs enthielten. Dass John Watts’ Stimme über die Jahrzehnte eine dreiviertel Oktave in den Keller gerutscht ist und die hohen Falsettpassagen heute weitgehend meidet: Nebensache. Schon eher schmerzte die Abwesenheit von Bandklassikern wie „Crazy Girl“, „Limbo“ oder „Cruise Missiles“. Ein halbes Stündchen länger hätte dieser rund einhundert knackige Minuten umfassende Abend also gerne noch dauern dürfen.