Ran an den Winterspeck: Wer sich regelmäßig bewegt und trainiert, lebt gesünder und länger. Die StZ-Autorin Annina Baur will mit einfachen Übungen „Fit für den Frühling“ machen.

Stuttgart - Für unsere Vorfahren war körperliche Leistungsfähigkeit überlebensnotwendig. Nur wer schnell genug war, entkam natürlichen Feinden und hatte Erfolg bei der Jagd. Heute jagen wir höchstens noch im Supermarkt zur Kasse, um unsere Beute als Erste zu bezahlen. Um den lästigen Einkauf nach Feierabend schnell hinter uns zu bringen, haben wir vor dem Geschäft das Auto geparkt, mit dem wir von der Bürotür aus losgefahren sind. Der Aufzug transportiert die Tüten von der Tiefgarage zur Wohnungstür, und wenn wir endlich alles verstaut haben, lassen wir uns erst einmal aufs Sofa fallen.

 

Die meisten von uns haben aber auch tagsüber nicht körperlich hart gearbeitet, sondern viel Zeit vor dem Computer verbracht. Rund sieben Stunden am Tag sitzt der moderne Mensch durchschnittlich – und nimmt im Durchschnitt trotzdem 600 Kilokalorien mehr zu sich als noch in den 1960er Jahren.

Auch wenn sich die Lebensgewohnheiten in den vergangenen Jahrzehnten verändert haben, bleibt der Mensch ein Bewegungstier. Die Fittesten werden die Ältesten sein, bestätigt Nadja Schott, Sportwissenschaftlerin an der Universität Stuttgart: „Mit regelmäßigem Training können wir unsere Bewegungsfähigkeit lange auf einem hohen Niveau halten. Es kommt auf uns an.“

„Wir sollten versuchen, die Sitzzeiten zu minimieren“

Entscheidend sei vor allen Dingen, sich regelmäßig zu bewegen: „Wir sollten versuchen, die Sitzzeiten zu minimieren“, sagt Schott. Wer wie die meisten Menschen einer sitzenden Tätigkeit nachgehe, habe verschiedene Möglichkeiten: „Optimal wäre, alle 30 Minuten eine gymnastische Übung in den Alltag zu integrieren“, so Schott. Es helfe aber auch schon, beim Telefonieren aufzustehen, statt des Aufzugs die Treppen zur Cafeteria zu nehmen oder zwischendurch am Stehpult zu arbeiten. Auch Gartenarbeit, Hausarbeit oder Tanzen zählen für Schott zu Bewegung, reichten aber nicht aus: „Dreimal pro Woche sollte man mindestens 25 Minuten lang intensiv trainieren.“ Wer zu häufig pausiert, merkt das schnell: „Die körperlichen und optischen Veränderungen sind graduell und gehen schnell zurück, wenn das Training ausgesetzt wird“, erklärt Schott.

Wesentlich schneller wirke sich regelmäßige sportliche Betätigung auf das Wohlbefinden aus: „Ausdauertraining im Freien regt die Vitamin B-Produktion und die Dopamin-Ausschüttung an.“ Der Botenstoff, der Signale zwischen Neuronen weiterleitet, wird im Volksmund nicht zu Unrecht als Glückshormon bezeichnet. Beim Krafttraining verbessere sich vor allem die Selbsteinschätzung der Trainierenden. Die Sportmedizinerin empfiehlt, Kraft- und Ausdauertraining zu kombinieren. Für beide Bereiche gelte: „Wie schnell welche Ziele erreicht werden können, hängt von der Intensität des Trainings ab.“

Einsteiger sollten sich aber keinesfalls überfordern, rät Heiko Striegel, Sportmediziner bei Sport Medizin Stuttgart im Neckarpark und VfB-Mannschaftsarzt. Wer eine längere Pause hinter sich habe, sollte sich ärztlich untersuchen lassen, bevor das Training beginnt: „Ruhe- und Belastungspuls sind individuell verschieden. Faustformeln bringen nichts“, sagt Striegel. Nur wer seine persönlichen Werte kenne, könne mit Hilfe eines Pulsmessers darauf achten, im richtigen Belastungsbereich zu trainieren. Um diese Bereiche zu bestimmen, könnten zusätzlich die Laktatwerte gemessen werden. Für Personen unter 35 Jahren reiche ein Routinecheck, bestehend aus einem Ruhe- und Belastungs-EKG sowie der Untersuchung von Herz, Kreislauf, Lunge und Blutdruck. „Wer älter als 35 Jahre ist, sollte zusätzlich das Herz untersuchen und Cholesterin-, Blutfett- und Blutzuckerwerte ermitteln lassen.“ Grundsätzlich sei es in jedem Alter sinnvoll, sich sportlich zu betätigen: „Langfristig sinkt das Risiko, Diabetes, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu bekommen um die Hälfte“, sagt Striegel.