Die Ludwigsburger Stadtwerke haben damit begonnen, flächendeckend Glasfaser in der Stadt zu verlegen – und werden künftig eigene Internetprodukte anbieten. Das Großprojekt ist gleichbedeutend mit einer Kampfansage an die Deutsche Telekom.

Ludwigsburg - Mindestens 60 Millionen Euro, eher mehr – diesen Betrag werden die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim (SWLB) in den kommenden acht Jahren in den flächendeckenden Glasfaserausbau in Ludwigsburg investieren. Allein die ungeheure Summe verdeutlicht, welchen Stellenwert die Stadt und ihre Tochter dem Projekt beimessen. Von einem „historischen Augenblick“ sprach Peter Danylak, der Technische Leiter der SWLB, als er am Donnerstag mit dem Oberbürgermeister Werner Spec zum symbolischen Baggerbiss an einer unscheinbaren Straße in Eglosheim schritt. „Hier beginnt die digitale Zukunft“ stand auf dem Rednerpult.

 

An Selbstbewusstsein mangelt es schon einmal nicht. In Ludwigsburg entstehe etwas, von „dem andere Städte träumen“, sagte Spec. In 24 sogenannten Clustern werden die Stadtwerke rund 250 Kilometer Glasfaser verlegen, sodass im Jahr 2024 jeder Haushalt, wenn er denn will, megaschnelles Internet nutzen kann. Ein Cluster definiert ein exakt begrenztes Gebiet, los geht es in Eglosheim, und schon in der nächsten Woche kommt Grünbühl-Sonnenberg an die Reihe, in beiden Gebieten sollen alle Arbeiten bis Ende des Jahres abgeschlossen sein. Der weitere Zeitplan ist noch geheim. „Da kann es noch einige Verschiebungen geben“, so Danylak.

Die Telekom setzt auf eine veraltete Technologie, sagen die Kritiker

Den Grundsatzbeschluss, dass die Stadtwerke in Glasfaser investieren sollen, fällte der Gemeinderat vor knapp zwei Jahren, nur über den Umfang war wenig nach außen gedrungen. Dass nun eine komplette Abdeckung angestrebt wird, ist durchaus überraschend und gleichbedeutend mit einer Kampfansage an die Deutsche Telekom. Was Spec elegant in ein süffisantes Lob verpackte: „Wir freuen uns, dass die Telekom jetzt wenigstens dafür sorgt, ihr Netz in den kommenden fünf Jahren zu verbessern“, sagte er. Parallel dazu würden die Stadtwerke die modernste Infrastruktur aufbauen, was für die hiesige Wirtschaft und die Privatkunden ein bedeutendes Signal sei.

Der Hintergrund: Als die Pläne der Stadtwerke publik geworden waren, hatte die Telekom ihrerseits angekündigt, den Glasfaserausbau in Ludwigsburg zu forcieren. Der Konzern setzt dabei weitgehend auf Vectoring, was von vielen Experten als veraltete Technologie kritisiert wird, weil dabei teilweise auch konventionelle Kupferkabel zum Einsatz kommen. Das ermöglicht zwar ebenfalls hohe Datenübertragungsraten, deren Wachstum aber endlich ist, das heißt: irgendwann wird die Leistungssteigerung an eine Grenze stoßen. Auch andere Städte wie München haben daher entschieden, in Eigenregie reine Glasfasernetze aufzubauen.

Wird das Internet bald wieder langsamer?

„Der Bandbreitenbedarf steigt rapide“, sagt Danylak. Das werde dazu führen, dass Vectoring-Kunden bald wieder mit nervigen Wartezeiten vor ihren Rechnern sitzen würden. Internet mit quasi unbegrenzter Bandbreite und ohne Schwankungen, interaktives Fernsehen mit bester Bildqualität, Telefonieren mit höchster Sprachqualität – all das werde dauerhaft nur mit durchgehender Glasfaser möglich sein.

Die Aussage zeigt: der Kampf um Kunden hat begonnen. Zwar baut Ludwigsburg ein offenes Netz auf, das auch von Anbietern wie der Telekom oder Unitymedia genutzt werden kann, sofern diese dafür ein Entgelt entrichten. Die Stadtwerke werden aber auch eigene Internetprodukte an den Markt bringen. Die Kalkulation, wie viele Kunden nötig sind, damit sich die Kosten rechnen, bleibt ebenfalls geheim. Für Spec spielt dies aber vorerst eine untergeordnete Rolle. Die Netzinfrastruktur sei ein zentraler Faktor für Unternehmen, in Ludwigsburg zu bleiben oder nach Ludwigsburg zu kommen, so der OB. Allen Beteiligten sei bewusst, dass sich die Investition nicht sofort rentiert, sondern erst in einigen Jahren. „Das nehmen wir bewusst in Kauf.“

Gewerbegebiete –
Die Stadtwerke haben bereits im Jahr 2015 begonnen, Glasfaser in Ludwigsburg zu verlegen, sich dabei aber auf Gewerbegebiete beschränkt. Drei Gebiete mit insgesamt 30 Geschäftskunden sind nach Angaben der SWLB bisher angeschlossen. Der flächendeckende Ausbau soll Ludwigsburg auch auf dem Weg zur Smart City voran bringen, zu einer voll vernetzten Stadt, in der Computer beispielsweise den Verkehr oder die Energieversorgung intelligent und effizient steuern.

Privatkunden
– Wer seine Immobilie an das Glasfasernetz anschließen lassen möchte, muss eine Grundstücksnutzungsvereinbarung an die Stadtwerke schicken. Diese verlegen die Kabel dann bis ins Haus. In jeder Ausbaustufe ist dies für einen gewissen Zeitraum kostenlos. Wer danach einen Anschluss wünscht, muss 1200 Euro bezahlen. Pro Straße seien nur „wenige Tage für das Verlegen der Kabel und die jeweiligen Hausanschlüsse“ nötig, versichern die SWLB.