Eine Arbeitsgruppe soll neue Wege für den Übergang in den gesetzlichen Ruhestand ebnen. Die große Koalition will bei älteren Beschäftigten die Möglichkeiten für befristete Arbeitsverträge erweitern

Berlin - In der Rentenpolitik gibt die große Koalition unterschiedliche Signale: Während der Bundestag am kommenden Freitag die Frühverrentung mit 63 Jahren beschließt, sind auch Verbesserungen für das Arbeiten über das gesetzliche Rentenalter hinaus vorgesehen. Union und SPD wollen mit der „Flexi-Rente“ ein Zeichen setzen. Dieses Vorhaben ist zwar nicht Teil des Rentenpakets. Über die flexible Rente soll erst später beraten werden. Dennoch gibt es schon Vorstellungen. Mit der Initiative möchte die Union dem Eindruck entgegentreten, das Rentenalter sinke.

 

Im Grundsatz sind sich Union und SPD einig, dass der Übergang von der Erwerbsarbeit in den Ruhestand flexibler werden soll. Wie das geschehen soll, dazu gibt es erste Ideen. Künftig soll es möglich sein, dass ein Betrieb beispielsweise einen Facharbeiter nach dessen Renteneintritt befristet weiter beschäftigt. Dafür gelten heute Beschränkungen. In der öffentlichen Debatte ist von der „Rückkehr der Rentner“ die Rede. Gleichwohl sind hohe Erwartungen verfrüht. Ob es dabei um mehr als Symbolpolitik geht, muss sich zeigen. Denn die Debatte in der Koalition hat erst begonnen.

Einig sind sich die Partner immerhin bei den Zielen: Viele ältere Arbeitnehmer haben Freude an der Arbeit und möchten freiwillig über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus tätig bleiben. Im Koalitionsvertrag wurde verabredet, dass Hürden für eine längere Berufstätigkeit abgebaut werden sollen. Wie das gelingen soll, dafür gibt es nun erste Skizzen. Union und SPD werden eine Arbeitsgruppe einrichten, um die Fragen zu klären. Ankündigungen von einigen Unionspolitikern wie dem baden-württembergische CDU-Landeschef Thomas Strobl, die „Flexi-Rente“ werde Bestandteil des aktuellen Rentenpakets, erweisen sich als voreilig. Ein Gesetz dazu wird es später geben.

Länger arbeiten steigert die Rente

Dass Änderungen beim Übergang in die Rente sinnvoll sind, räumt Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ein. Die heutigen Regelungen für die Teilrente, bei der Arbeitnehmer einen Teil ihrer Rente beziehen und sich noch etwas dazuverdienen, hält nicht nur Nahles für bürokratisch. Schon die Vorgängerregierung suchte nach Lösungen – ohne Erfolg. Umstritten ist in der Koalition die Forderung des CDU-Wirtschaftsflügels, der Arbeitgebern die Rentenbeiträge erlassen will, wenn sie ältere Beschäftigte über das Renteneintrittsalter hinaus anstellen. Das lehnt der CDU-Rentenexperte Peter Weiß ab, der auch Vorsitzender der CDU/CSU-Arbeitnehmergruppe ist. Die rechtlichen Bedingungen für rüstige Ältere sind kompliziert. In diesem Jahr muss ein Beschäftigter bis zum Alter von 65 Jahren und drei Monaten arbeiten, um die Regelaltersgrenze zu erreichen. Diese Grenze steigt bis Ende des nächsten Jahrzehnts auf 67 Jahre. Mit der abschlagfreien Rente mit 63 Jahren wird eine weitere Ausnahme geschaffen.

Befristetes Beschäftigungsverhältnis

Schon heute gilt: Wer länger als bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter arbeiten will, darf mit der Zustimmung des Arbeitgebers bleiben. Das wirkt sich rentensteigernd aus: Die Rente erhöht sich für jeden Monat, den sie über die Regelaltersrente hinaus nicht in Anspruch genommen wird, um 0,5 Prozent. In der Praxis tauchen dennoch rechtliche Klippen auf, da Arbeitsverträge und Tarifverträge das Ausscheiden beim Erreichen der gesetzlichen Grenze vorsehen. Unternehmen können nach dem geltenden Recht nicht hingehen und ein vormals unbefristetes Beschäftigungsverhältnis über das Rentenalter hinaus zeitlich befristet verlängern. Das soll nach dem Willen der Koalition künftig möglich sein. Beschäftigte und Arbeitgeber erhalten die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis über die Regelaltersgrenze für bestimmte Zeit auszudehnen. Es sollen mehrfache Befristungen erlaubt sein, sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder. Voraussetzung ist, dass die Vereinbarung während des laufenden Arbeitsverhältnisses geschlossen wird. Vorgesehen ist dies für Arbeitnehmer, die noch nicht in Rente gehen wollen.

Schon heute ist es ohne Einschränkungen möglich, dass ältere Beschäftigten in Rente gehen und befristet bei ihrem früheren Arbeitgeber tätig werden. Oft sind erfahrene Fachkräfte für bestimmte Projekte zuständig. Wer als Rentner weiter arbeitet, zahlt selbst keine Rentenversicherungsbeiträge mehr. Allerdings muss der Arbeitgeber seinen Anteil am Rentenbeitrag entrichten, auch wenn sich dies nicht mehr auf die Rentenhöhe auswirkt. Dagegen richtet sich die Kritik der Wirtschaft und des Wirtschaftsflügels der Union. Die Arbeitgeber wollen erreichen, dass keine Rentenbeitrag mehr fällig wird. Das stößt aber bei SPD und Union auf Widerstand. Es werden Einnahmeausfälle befürchtet. Gravierender ist das Argument, falle der Arbeitgeberbeitrag weg, so schaffe dies Anreize, die Älteren den Jüngeren vorzuziehen. Die Koalition sieht noch Klärungsbedarf.