Von der Skulptur bis zum Tischgedeck: Florentine Klingels Keramik verbindet Kunst mit Nützlichkeit. Ihre Arbeiten sind in der Soopkitchen ausgestellt.

Stuttgart - Dass die Skulpturen tatsächlich eine Funktion erfüllen, erschließt sich nicht gleich auf den ersten Blick. Doch dann beginnt Florentine Klingel die Figur mit dem Namen „Gerda Grünzeug“ auseinanderzubauen. Zum Vorschein kommen eine Salatschüssel, ein Schälchen samt Besteckhalter, eine Karaffe und ein Dressingkännchen. Die Keramikkünstlerin hat die Skulpturen-Serie „Tischlein deck dich“ genannt, sie funktionieren alle nach dem gleichen Muster und haben allesamt einfallsreiche Namen. Das Gedeck für eine Person heißt etwa „Einzigartige Anna“.

 

Florentine Klingel hat an der Kunstakademie Stuttgart Freie Kunst studiert und sich schon früh aufs Töpfern fokussiert. Ein Traditionshandwerk, das lange Zeit in der Versenkung verschwunden war, als altmodische Kunst galt und gerade eine Renaissance erlebt. Nicht nur in privaten Haushalten, sondern auch in der Gastronomie findet Keramik-Geschirr immer mehr Verwendung. „Es wird immer bekannter, dass das Material gar nicht so heikel ist – meine Keramik darf sogar in die Geschirrspülmaschine“, sagt Florentine Klingel.

Klare Formensprache und Nützlichkeit

Ihre Arbeiten zeichnen sich durch klare Linien, Farben und Formen aus. Noch immer ist erkennbar, dass sie einige Semester Architektur studiert hat. Ihre Entwürfe sind angelehnt an den Bauhausstil und die klare Ästhetik seiner Protagonisten. „Die Tagebücher von Oskar Schlemmer habe ich schon mehrmals gelesen – er spricht mir aus der Seele“, sagt Florentine Klingel.

Noch wichtiger als eine klare Formensprache ist ihr aber die Verbindung von Praktikabilität und Kunst. Ihre Werke stehen nicht im Regal, sondern werden von den Käufern verwendet – im Alltag wie zu besonderen Anlässen. Und damit diese nach dem Gebrauch nicht wieder in Schränken verschwinden, hat sie die Serie „Tischlein deck dich“ erdacht. „Oft hat Geschirr gar keine richtige Wertigkeit mehr“, sagt die Künstlerin, „es wird günstig gekauft, gebraucht und dann wieder verstaut.“ Durch die Skulpturen-Serie soll die Wertschätzung für Gebrauchsgegenstände wieder steigen. Gleichzeitig werde so Kunst wieder erfahrbar gemacht. „Ich habe schon lange in diese Richtung gearbeitet. Keramik bietet als Material so viele Möglichkeiten – ich möchte zeigen, was alles geht“, sagt sie. Bis das so hinhaut wie bei Florentine Klingel ist allerdings ziemlich viel Übung gefragt und ein gewisses Faible für Chemie. Bis sie das Töpfern an der Drehscheibe richtig gelernt hatte, sind Tage, Nächte, Monate und Jahre vergangen.

Wertschätzung für Gebrauchsgegenstände

Um zu zeigen, wie die neuen Entwürfe im Alltag funktionieren, hat Florentine Klingel jetzt zur Vernissage mit dem gleichnamigen Titel „Tischlein deck dich“ in die Soopkitchen eingeladen. Die Soopkitchen im Stuttgarter Süden ist eine Mischung aus Laden, Atelier und Werkstatt und verkauft schon lange die Arbeiten von Florentine Klingel. Unter dem Motto „Keramikkunst trifft Kochkunst“ war Koch Gerhard Nölly eingeladen, der eigens für diesen Tag und für die Keramik von Florentine Klingel kleine Gerichte entwickelt hat: Salzige Joghurt-Panna-Cotta, Blutwurst-Sandwich, Sellerie-Zwiebelpüree und Rinderfilet in Bockbiersoße. Nölly ist Küchenmeister im Hasen in Herrenberg und der Lebensgefährte von Florentine Klingel. „Koch meets Keramikerin – das ist doch perfekt“, sagt sie und lacht. Die Ausstellung ist noch bis Samstag, 8. April zu sehen.