Ski, Nordic Walking, Schwimmen oder Sportunterricht im Fitness-Studio: vier berufliche Schulen im Landkreis müssen kreativ sein, um ihre Schüler ins Schwitzen zu bringen. Ihre Hallen sind von Flüchtlingen belegt.

Kreis Ludwigsburg - Knapp 2400 Schüler im Landkreis Ludwigsburg haben derzeit nur eingeschränkt Sportunterricht. Es betrifft die Schüler an den beruflichen Schulen, deren Träger der Landkreis ist. Da ihm auch die Turnhallen gehören, konnte der Kreis dort Flüchtlinge in Erstunterbringung einquartieren. Betroffen sind das Berufliche Schulzentrum in Bietigheim-Bissingen sowie in Ludwigsburg die Carl-Schaefer-Schule und das Berufliche Schulzentrum Ludwigsburg/Kornwestheim auf dem Römerhügel.

 

Als erstes traf es Ende September die Carl-Schaefer-Schule. Die Schüler sollten in die Hallen auf dem Römerhügel ausweichen – bis auch dort vor den Herbstferien eine Halle mit Flüchtlingen belegt wurde. „Jetzt teilen sich vier Schulen eine Turnhalle, wo sie früher drei hatten. Das führt zu Problemen“, sagt die Schulleiterin Frauke Peters. Zum Teil seien 60 Schüler gleichzeitig in einem Hallendrittel. Ihre Sportlehrer suchten derweil nach „kreativen Lösungen“ für den räumlichen Engpass. So werde derzeit verstärkt Sporttheorie unterrichtet oder der praktische Sportunterrichtet finde nur noch 14-täglich statt.

Sportunterricht im Fitness-Studio

Mitte Oktober bekam dann Stefan Ranzinger, der Schulleiter des Beruflichen Schulzentrums in Bietigheim-Bissingen, die Nachricht, dass seine Turnhalle ab sofort für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werden muss. Ad hoc wurde aus Fußball und Turnen Sporttheorie. Ende Oktober stellte die Stadt zwei Hallen zur Verfügung, außerdem hilft ein Gymnasium in Sachsenheim aus, und ein privates Fitness-Studio bietet ebenfalls Raum an. Das Landratsamt übernimmt die Fahrtkosten dorthin.

Anders als Ranzinger war Wolfgang Ulshöfer, der Schulleiter der Robert-Franck-Schule vom Landratsamt bereits vorgewarnt worden. „Wir hatten also schon einen Plan B“, sagt er. Da die drei Schulen des Beruflichen Schulzentrums ohnehin einen gemeinsamen Hallenplan erstellten, habe man nun auch gemeinsam den Oberstufensport bevorzugen können. Die Mittelstufe hingegen habe nur alle zwei Wochen Sport, manchmal auch draußen, der Rest falle aus. Das treffe vor allem Klassen, in dem Sport nicht prüfungsrelevant ist.

Ski, Nordic Walking, Schwimmen: die Sportlehrer müssen kreativ sein

Andreas Moser, der geschäftsführende Schulleiter der Beruflichen Schulen, hofft darauf, dass es sich nur um eine Übergangslösung handelt. „Wenn nun noch unsere zweite Halle belegt würde, hätten wir ein massives Problem“, sagt er. Aktuell sei man im Gespräch mit der Stadt, ob es noch Kapazitäten in Hallen von städtischen Schulen gebe. Der Landkreis habe seine Unterstützung zugesagt, indem er die Kosten für die Fahrdienste übernehme.

Im Kreis Esslingen hat man mit der Situation mehr Erfahrung: Als erste Turnhalle überhaupt in Baden-Württemberg wurde im August eine von zwei beruflichen Schulen genutzte Halle mit Flüchtlingen belegt – mit dem Ergebnis, dass es seitdem für 300 von 600 Schülern keinen Sportunterricht mehr gibt. Die Sportlehrer seien kreativ geworden und böten Skiausfahrten, Nordic-Walking-Touren oder Schwimmkurse an, um auf die nötige Sportstundenzahl zu kommen, sagt Thomas Fischle, der Rektor der Käthe-Kollwitz-Schule. Der Rest finde in einer städtischen Turnhalle statt. „Ich sehe die humanitäre Aufgabe und die Engpässe des Kreises“, sagt er, „ich bin aber überzeugt, dass wir rechtliche Probleme bekommen“. Sport sei bei vielen Schularten ein versetzungsrelevantes Fach. Wer sitzenbleibe, weil er eine schlechte Note durch Sport nicht ausgleichen konnte, könne das Land verklagen.

Beim Regierungspräsidium gibt man sich indes zufrieden damit, wie die Schulen den Sportunterricht priorisieren. Sprich: prüfungsrelevanter Unterricht, gerade im Abitur, geht vor allem anderen. Höhere Klassenstufen gehen vor niedrigeren, vor allem, wenn es um einen Schulabschluss geht. Dann kommt der Unterricht für jene mit Sportprofil. Sport-AGs können ausfallen. Juristische Hilfe gibt es vom Kultusministerium in Stuttgart. Das schätzt, dass derzeit rund 40 Turnhallen in Baden-Württemberg mit Flüchtlingen belegt sind.